Immer wieder freue ich mich, wenn ich einen neuen Roman über die Komplexität und Ambivalenz von Muttergefühlen entdecke. Und „Kinderspiel“ von Claire Kilroy war für mich so eine tolle Entdeckung.
„Ein Aufschrei, eine Anklage, eine wütende Liebeserklärung an das Muttersein“ steht in der Kurzbeschreibung und mehr müsste ich eigentlich gar nicht mehr dazu schreiben, denn das ist genau der Kern des Romans.
Die zeitgenössische irische Schriftstellerin schreibt aus Sicht ihrer Ich-Erzählerin Soldier von den ersten Jahren als junge Mutter. Von der enormen, emotionalen Herausforderung plötzlich für ein kleines, hilfloses Wesen die Verantwortung zu tragen, von dem Gefühl, mit dieser Situation komplett überfordert und alleine zu sein und von der gleichzeitigen unendlichen Liebe für dieses einzigartige Kind.
Kinderhaben ist ein Kinderspiel?
Und auch von den übermächtigen Wutgefühlen und dem Neid, den Soldier für ihren Mann empfindet, denn für ihn hat sich das Leben nicht um 180° gedreht. Er geht weiter auf die Arbeit und kann Soldiers Schwierigkeiten den Alltag mit einem Baby zu bewältigen nur schwer nachvollziehen.
Ich persönlich empfinde vieles an Kilroys Roman wirklich als schmerzhaft zutreffend und als eine Erinnerung an die vielen Jahre, als meine eigenen Kinder noch so klein wie Soldiers Kind waren. Eigentlich bin ich immer noch dabei, diese Zeit zu verarbeiten. Doch ich glaube, die Wut auf ein System, in dem Mütter* mit dem Glauben an irgendeine biologische Natürlichkeit völlig alleine mit ihrem verändertem Leben umgehen müssen, hat sich bei mir eingegraben und wird noch eine Weile bleiben.
Claire Kilroy verpackt diese Wut in einem Roman, den ich gefesselt gelesen habe, ohne dass der Plot eigentlich spannend ist. Die Spannung erzeugt Kilroy allein durch die emotionalen Beschreibungen der Gefühlswelt ihrer Erzählerin.
Für mich war „Kinderspiel“ ein wahnsinnig toller und intensiver Roman, mit dem ich mich sehr identifizieren konnte und den ich, genauso wie scheinbar Barbara Kingsolver, „atemlos und mit klopfenden Herzen“ gelesen habe.
Ein großes Dankeschön an die S. Fischer Verlage für das gewünschte Rezensionsexemplar. Danke und viel Erfolg an Claire Kilroy für ihren Roman!
Übersetzt wurde der Roman von Luca Mael Milsch, Übersetzer*in und Autor*in von „Sieben Sekunden Luft“, ebenfalls ein Roman, der sicher einen zweiten Blick wert ist und den du auch hier in meinem Feed findest!
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