Von Alice Franklin
„Es läuft folgendermaßen. Du wirst nicht normal sein. Aliens können nicht normal sein. Du wirst jedoch normal genug sein. Und damit meine ich, dass du gerade so viel Normalität besitzen wirst, um normal zu erscheinen, ohne tatsächlich normal zu sein.“
„Lebensweisheiten für ein kleines Alien“ heißt der Untertitel des Debütromans von Alice Franklin, und er beschreibt sehr gut die Form, in der der Roman durchgängig verfasst ist. Die Lebensweisheiten sind durchgängig in der zweiten Person Singular formuliert und adressieren mit ihrem „Du“ ein besonderes kleines Mädchen.
Ein Mädchen, das sich alles andere als normal fühlt, sondern wie ein Alien, das unerkannt unter den Menschen auf der Erde lebt. Sich normal unter den Menschen zu bewegen, die Schule zu besuchen, eine Unterhaltung zu führen, oder Freund*innen zu haben sind für sie nur schwer zu bewerkstelligen. Es fällt ihr schwer zwischenmenschliche Botschaften zu entschlüsseln oder zu interpretieren und stößt deshalb oft auf Unverständnis.
Außerdem beschäftigt sich das Mädchen am liebsten mit ihren eigenen Interessen: Sie liebt Sprache und Bücher und hofft, wenn sie sich mehr damit auseinandersetzt, die anderen Menschen irgendwann besser zu verstehen.
Bist du vom anderen Stern?
Als sie von dem alten, rätselhaften Voynich Manuskript erfährt, das noch kein Mensch entschlüsseln oder übersetzen konnte, ist sie elektrisiert. Vielleicht wurde das Manuskript von jemanden erstellt, der ebenfalls fremd ist auf der Erde und seine eigene Sprache besitzt?
Das Mädchen möchte mehr über das rätselhafte Manuskript erfahren, während in ihrem Leben und in ihrer Familie so einiges nicht wirklich gut läuft…
Als ich in der Kurzbeschreibung des Romans las, dass darin das Voynich Manuskript vorkommt, wusste ich, dass ich das Buch lesen will. Denn natürlich bin ich, wie so viele andere, schon lange von dem rätselhaften Text fasziniert. Leider nimmt das Manuskript in dem Roman nicht so viel Raum ein, wie ich mir das erhofft hatte. Es ist vielmehr die sehr einfühlsam und sensibel erzählte Geschichte eines Mädchens, das es auf Grund seiner (vermutlichen) Neurodivergenz schwer hat, den Zugang zu unserer Gesellschaft zu finden und in Verbindung zu anderen Menschen zu treten. Es ist wunderbar zu lesen, wie es ihr trotzdem gelingt. Und Franklin gelingt es mit ihrer ungewöhnlichen Erzählform, die Gedankenwelt ihrer kleinen Protagonistin nachfühlbar zu machen.
Allerdings muss ich leider sagen, dass mir der Prolog und der Epilog am besten gefallen haben und ich den Hauptteil doch etwas zu langatmig und somit ein bißchen langweilig fand.
Dennoch habe ich „Was ich dir erzählen möchte“ einen sehr schönen Roman mit einer ganz besonderen Erzählweise und einer liebenswerten Hauptfigur gelesen, mit der sich vielleicht gerade unter Büchermenschen einige verbunden fühlen könnten.
Vielen lieben Dank an den dtv Verlag für das Rezensionsexemplar mit dem schönen Cover. Danke und viel Erfolg an Alice Franklin für den Roman!
Aus dem Englischen von Margarita Ruppel
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