Der Roman „Die Holländerinnen“ von Dorothee Elmiger steht auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2025. Ich sehe ihn da sehr gerne und sehr berechtigt stehen, denn auch für mich war der Roman ein mysteriöses und atmosphärisches Lesehighlight.
Eine Schriftstellerin hält einen Vortrag über ihr letztes Projekt: die Zusammenarbeit mit einem berühmten Theatermacher an einem unkonventionellen Vorhaben. Zusammen mit einer bunt zusammengewürfelten Ensemble und einem Mädchenchor reist die Gruppe ins Innere des Urwalds, um dort einen Kriminalfall zu atmosphärisch nachzufühlen und zu rekonstruieren.
Ich bin sehr überrascht als ich in dem Fall recht schnell das reale und mir aus True Crime Formaten bekannte Verschwinden zweier Holländerinnen im Dschungel Panamas wiedererkenne.
Und in der Tat verwendet Elmiger einige der realen und wenigen bekannten Details in ihrem Roman. Diese Details sind teilweise verstörend mysteriös und Elmiger fängt das Erschauern darüber perfekt in ihrem Roman ein.
Dabei bedient sie natürlich nicht den üblichen Voyeurismus, sondern beschreibt vielmehr das Grauen der Erzählerin, der fremdartigen und bedrohlichen Wildnis im Dschungel derart exponiert ausgesetzt zu sein.
Und die Wildnis findet sich nicht nur im Urwald, sondern auch in den anderen Geschichten, die die anderen Teilnehmner*innen der Theatergruppe beisteuern. Sie alle handeln von dem Gefühl von Bedrohung und dem alptraumartigen Verlust von Kontrolle. Den gleichen Kontrollverlust erlebt die Erzählerin während ihres Aufenthalts im Urwald.
Die Ziegengeschichte der Schweizerin hat Potential mich noch für längere Zeit zu verfolgen.
Alptraumartige Erzählungen von Kontrollverlust
Der Erzählstil ist durch die eigentlich durchgehend verwendete indirekte Rede der Erzählerin und die damit eingebetteten Geschichten in der Geschichte ziemlich anspruchsvoll, wie ich fand. Aber genau dadurch erzielt Elmiger einen irisierenden Effekt. Die Perspektive der Erzählenden verschmilzt miteinander und es wird schwierig die Identität der einzelnen Erlebenden genau auszumachen.
Den gleichen Identitätsverschmelzung mit den Holländerinnen erlebt die Erzählerin während sie durch den Dschungel läuft.
Das Verschwinden der Holländerinnen ist bis heute nicht aufgeklärt.
Das Cover mit dem alles überwuchernden und verschlingendem Dschungel ist perfekt gewählt und ich war doch überrascht, was sich hinter dem Titel „Die Holländerinnen“ verbarg.
Der anspruchsvolle Erzählstil kann herausfordernd sein, aber macht den Roman zusammen mit der einzigartigen Kombination aus realen und fiktionalen Geschichten zu einem großartigen Stück Literatur, das mich sehr faszinierte und irgendwie auch gegruselt hat.
Anspruchsvoll, aber sehr atmosphärisch und sehr empfehlenswert!
Vielen lieben Dank an Hanser Literatur für das Rezensionsexemplar mit dem wunderschönen Cover. Danke und viel Erfolg an Dorothee Elmiger für den Roman und natürlich für den Deutschen Buchpreis!
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