Ich kenne O`Farrell von ihrer wunderbaren autobiografischen Kurzgeschichten sammlung „Ich bin ich bin ich bin“, die mir ausnehmend gut gefallen hat. Deswegen griff ich bei diesem Hörbuch gleich zu, obwohl ich sehr wählerisch bin, was historische Romane angeht.
Wir begleiten in diesem Roman die junge adelige Lucrezia de Medici durch ihre Kindheit und ihre kurze Ehe in Florenz und Ferrara um 1560.
Nach den ersten Hörstunden hätte ich fast abgebrochen, denn die Schilderungen über Lucrezias Kindheit zogen sich in die Länge und ich empfand sie nicht als sonderlich spannend.
Zum Glück bin ich dran geblieben. Was für ein für eine Entwicklung und was für ein Ende!
Mit der Heirat zwischen Lucrezia und Alfonso gewinnt die Geschichte zunehmend an Spannung und ich tauchte immer tiefer in das Gefühlsleben der jungen Herzogin ein.
O`Farrell gelingt es, den historischen Stoff und die Persönlichkeit Lucrezias wunderbar einzufangen. Dabei bleiben die Figuren stets geschichtlich authentisch und ich hatte das Gefühl, so könnte es gewesen sein. Eine wundervolle Zeitreise.
Natürlich ist die Ehe und das Leben Lucrezias nicht so wundervoll und mich schmerzt der Gedanke, wieviele Mädchen, Frauen aber auch Jungen und Männer unter dem strengen gesellschaftlichen Konventionen der Zeit gelitten haben müssen, und es auch heute noch tun.
Eindringlich erleben wir die Zwänge, die die kreative und unkonventionelle Lucrezia einengen und beschneiden.
Umso anrührender sind die Beschreibungen ihrer liebevollen Beziehungen zu ihrer Erzieherin und ihrer fast gleichaltrigen Zofe.
Das Ende der Geschichte möchte ich hier besonders hervorheben, ohne zu Spoilern, da es mir besonders gut gefallen hat. Oft ist es gerade bei historischen Stoffen schwierig die Balance zu finden zwischen Unterhaltung und Anspruch an Realitätstreue, so dass es mich als Leser*in befriedigt. Allzuhart ist oft die Realität, doch zu zuckerwattenseicht und unrealistisch das Happy End. O`Farrell hat hier eine sehr schöne Lösung gefunden, die unterhält und mich dennoch sehr nachdenklich macht. Das Ende ist sehr bittersüß konkret und öffnet doch Türen für das eigene Weiterdenken.
Ein wirklich, wirklich schöner Roman, der sich nach anfänglicher Durststrecke zu einer echten Empfehlung entwickelt!
Übersetzt von #ThomasBodmer
Wunderbar gelesen von Heike Warmuth @hwarmuth
P.s. besonders gut fand ich das Nachwort von O‘Farrell, in dem sie kurz auf die realen historischen Persönlichkeiten eingeht, die ihrem Roman zu Grund liegen. Natürlich recherchierte ich dazu, ich wollte unbedingt mehr über diese Geschichtsperiode wissen und auch die Porträts dazu sehen.
Schreibe einen Kommentar