Eine Schwangerschaft kann mit komplizierten Gefühlen verbunden sein. Eine ungeplante Schwangerschaft vielleicht sogar noch mehr.
Wird eine schwangere Frau automatisch eine Mutter? Und wird eine Frau, die nicht schwanger werden will, niemals eine Mutter?
Wenn du auf diese Fragen bereits alle Antworten kennst, brauchst du nicht weiterzulesen – dann ist „Proben“ vielleicht kein Buch für dich.
Wenn du dich aber für einen zeitgenössischen und modernen Roman zum Thema Schwangerschaft und Freundinnenschaft interessierst, dann wird dir „Proben“ bestimmt gefallen.
Es ist der Debütroman der jungen Autorin und Poetry Slammerin Tara C. Meister, die gerade erst zum Bachmannwettbewerb eingeladen wurde und dort mit dem Stipendium Festivalschreiber:in ausgezeichnet wurde.
Meister erzählt die Geschichte der Freundinnen Johanna und Caro, beide Ende 20 und bemüht, in ihrem gewählten Metier voranzukommen. Caro möchte als Biochemikerin in der Forschung etwas erreichen, sieht aber in einer von Männern dominierten Berufswelt schon die gläserne Decke über sich.
Johanna arbeitet prekär als Regisseurin und bewirbt sich für Stipendien, um ihre Stücke zu realisieren.
Beide spüren den Erwartungsdruck unserer Leistungsgesellschaft
“Dem Druck standzuhalten bedeutete etwas wert zu sein. Unter Druck konnte sie sich selbst spüren.”
Als Johanna ganz unerwartet Caro erzählt, dass sie von einer Spontanbegegnung schwanger ist, ist plötzlich alles ganz anders. Johanna möchte das Kind behalten.
Für Caro passt diese Entscheidung nicht mit ihrem Selbstbild von sich und Johanna als absolut freiheitsliebende und unabhängige Frauen überein.
Sie hat Angst um ihrer Freundinnenschaft mit Johanna, die ihr unglaublich wichtig ist. Und so beschließt Caro, dass Familie heute auch ganz unkonventionell aussehen kann.
Die beiden Frauen möchten das Kind gemeinsam bekommen und großziehen, nicht als Liebespaar, sondern als Freundinnen.
Doch schon in der Schwangerschaft werden die Frauen mit den unendlichen tief verankerten Glaubenssätzen konfrontiert, die rund um das Thema Schwangerschaft und Mutterschaft kreisen.
Glaubenssätze, die vorschreiben, wie genau eine Mutter sein muss und was sie nicht sein darf.
“Eine Mutter darf nicht davonlaufen. Aber unsichtbar werden, das durfte sie.”
Das Zusammenleben von Johanna und Caro ist nicht die reibungslose matriarchle Utopie, wie ich das vielleicht gerne hätte, sondern knirscht unter der Individualität zweier Menschen, ihrer Vergangenheit und Prägung.
Ich finde es großartig, wie subtil und komplex Meister die Dynamik zwischen den beiden Frauen anlegt. Wie viele verborgene und unterdrückte Sehnsüchte sie andeutet ohne zu konkret zu werden.
Gleichzeitig liest sich der Roman so unglaublich flüssig, dass ich ihn in einer Session weginhaliert habe. Und gerade am Schluss finde ich ihn emotional sehr mitreißend.
Ich bin sehr darauf gespannt, in welche Richtung Tara C. Meister literarisch weiter gehen wird und hoffe sehr auf einen neuen Roman!
Vielen lieben Dank an den österreichischen unabhängigen Residenz Verlag (Danke Manon 🧡) für das gewünschte Rezensionsexemplar! Danke und weiterhin viel Erfolg an Tara C. Meister für ihren Roman!
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