Dieser wunderbare Buchtitel in Kombination mit diesem Cover hat schon im Frühjahr meine Aufmerksamkeit geweckt und ich wusste, dass ich den Roman unbedingt lesen möchte. Der vorige Roman von Mieko Kawakami, „Brüste und Eier“ hat mir nicht ganz so gut gefallen, aber ich wollte gerne mehr von dieser Autorin lesen.
„All die Liebenden der Nacht“ ist kein plotgetriebener Roman, er ist nicht abgefahren laut oder sensationsreich, wie ich es eigentlich gerne lese. Seine Geschichte ist leise und unaufdringlich und ich habe sie dennoch sehr, sehr gern gelesen.
Anders als in ihrem Vorgängerroman konzentriert sich Kawakami in „All die Liebenden der Nacht“ auf eine Person, ihre Ich-Erzählerin Fuyuko, was mir sehr gut gefällt. Fuyuko ist ein extrem introvertierter und auch ein einsamer Mensch. Sie lebt in Tokio und arbeitet als Korreturleserin in einem Verlag, was ihr eigentlich Spaß macht. Wenn da nicht die Kolleg*innen wären, die ihr ihre Ausgeschlossenheit widerspiegeln.
Auf Vorschlag ihrer Kollegin Hijiri macht sie sich selbstständig und arbeitet von zu Hause aus. Das nimmt ihr zwar den sozialen Druck, verstärkt aber natürlich ihre massive Einsamkeit.
Nur zu Hijiri pflegt sie manchmal Kontakt und zwischen den beiden äußerst unterschiedlichen Frauen entwickelt sich eine zarte, wechselhafte Freundschaft. Fuyuko beginnt zu trinken um ihren einsamen Alltag zu ertragen.
„Mit nur einer langsam geleerten Dose Bier, einem Wasserglas Sake gelang es mir, nicht mehr ich zu sein.“
Dann tritt Mr. Mitsutsuka in ihr Leben. Ich erahne als Leser*in die gleiche Einsamkeit in Mr. Mitsutsuka wie in Fuyuko. Beide beginnen sich regelmäßig in einem Café zu treffen, um sich zu unterhalten.
Diese Gespräche der beiden Verlorenen gestaltet Kawakami mit großer Verletzlichkeit und Zartheit.
Mr. Mitsutsuka wird in Fuyukos Leben immer wichtiger und stößt bei ihr einen inneren Prozess der Reflektion und der leisen Emanzipation an.
Hier möchte ich nicht mehr weiter vorgreifen, es ist schön diesen Prozess selbst zu verfolgen und nachzufühlen.
Ich mochte diesen sehr leise und zart erzählten Roman sehr gerne. Mieko Kawakami entwirft mit ihrem Stil sehr bildhaft und poetisch kleine Szenen der Einsamkeit und der Annäherung. Fuyukos Geschichte zeigt mir, dass Kraft auch im Introvertierten, Unauffälligen liegen kann und dass es nicht immer den lauten und sichtbaren Knalleffekt braucht. Dass Selbstwirksamkeit und Befreiung nicht am äußeren Ergebnis gemessen werden muss, sondern auch unsichtbar in den kleinen Dingen liegen kann. Oder auch nur in uns selbst.
Eine leise und unaufdringliche Leseempfehlung für euch.
Vielen Dank, lieber Dumont Buchverlag für das lange gewünschte Leseexemplar!
Aus dem Japanischen von Katja Busson
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