„Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ ist nur ein dünner Roman, den ich auch in einem Rutsch durchgelesen habe. Ich würde ihn ja einen Pageturner nennen, wenn das nicht falsche Assoziationen wecken würde.
Denn der zweite Roman der Sauerländerin Lena Schätte ist literarisch und emotional ein echter Burner. Ich schließe mich der Begeisterung des Feuilletons gerne an.
Lena Schätte erzählt in ihrem autofiktionalen Roman die Geschichte einer Familie und von einer ganz besonderen Beziehung zwischen einem Vater und einer Tochter.
Es ist eine Familie, in der seit Generationen getrunken wird. Es sind hauptsächlich die Männer, die arbeiten und trinken. Die Frauen arbeiten und managen den Alltag.
„Ich frage sie, ob sie nie getrunken hat. Nein, das ging nicht, schüttelt sie den Kopf. Ich hatte doch die Kinder und das Haus und die Arbeit in der Schneiderei, das wäre gar nicht gegangen.“
Der Vater von Schättes Ich-Erzählerin ist, genauso wie ihr Großvater, ein starker Trinker. Ihre Kindheit ist geprägt von der ständigen Angst vor der Unberechenbarkeit des Vaters. Und zugleich von der Liebe zu dem Vater, der seine Tochter zärtlich „Motte“ nennt.
Es sind diese Gegensätze, die Schätte so grandios und einfühlsam in ihrem Text herausarbeitet.
Wer hat noch das „Schwarz an den Händen meines Vaters“?
Ebenfalls grandios diese zarten und poetischen Sätze, hinter denen eine harte und bittere Realität steckt.
“Dann trinkt er ein Weizenbier und verschwindet. Und noch eins und verschwindet noch ein bisschen mehr. Bis er weg ist.”
Die Sucht wird über die Generationen weitergegeben, bis zur Ich-Erzählerin von Schättes Roman. Als sie älter wird, greift sie selbst häufig zur Flasche, nutzt den Alkohol als Fluchtmittel.
“Ich steige aus mir heraus und lasse die Leute mit meinem Körper allein.”
Mottes Vater findet keinen Weg, seine Suchtkrankheit zu besiegen, bevor er tödlich an Krebs erkrankt. Für Motto, ihren Bruder und ihre Mutter eine traurige Zeit des Abschiedes, aber vielleicht auch eine Zeit der Aufarbeitung.
Lena Schätte selbst trinkt nur noch selten, wie ich in einem Gespräch mit der Süddeutschen lesen kann, nur dreimal im Jahr, dann aber eine halbe Flasche Korn mit Fanta.
Im gleichen Artikel nennt Bernhard Heckler von der Süddeutschen den Roman “Nicht nur ein außergewöhnlich gutes Buch, sondern ein Buch, das geschrieben werden musste.“
Ich würde noch hinzufügen: „…und das gelesen werden sollte.“
Erschienen im Frühjahr bei den S.Fischer Verlagen. Gebookfluenced wurde ich durch den tollen Rababumm-Podcast von Timothy Paul. Unbedingt mal reinhören, falls du ihn noch nicht kennst!





Schreibe einen Kommentar