🟣 „Welchen Preis hat das Schuldgefühl?“ diese Frage lotet Nicoletta Verna in ihrem intensiven Debütroman „Der Wert der Gefühle“ aus.
🟣 Schuld, schwerwiegende Schuld, trägt Bianca seit dem tragischen Tod ihrer Schwester in ihrer Jugendzeit mit sich. Was genau damals passiert ist, erfährt der/die Leser/in erst spät in der Geschichte, wir wissen lange nur, dass Bianca glaubt, an Stellas Tod schuld zu sein, schlimmer noch, sie behauptet sogar sie getötet zu haben.
Biancas Familie ist seit dem Tod der perfekten Lieblingstochter zerbrochen, die Mutter ist traumatisierte und will nicht mehr leben, der Vater abwesend. Niemand bietet der ebenfalls traumatisierten Bianca Trost oder Halt.
🟣 Biancas Schuldgefühle und Reue äußern sich in komplexen Zwangsstörungen, sie ist besessen von Abfall und von Perfektionismus. Ihr Verhalten hat für mich starke Züge von Selbstbestrafung.
Sie versteckt ihre eigene Persönlichkeit hinter einer dicken Mauer aus Kontrolle.
Ihr dringlicher Wunsch, ihre Familie wieder heil zu machen und Stella wieder zurückzubringen äußert sich in einem wahnhaften Kinderwunsch. Auch hier muss alles perfekt sein und als perfekter Mann und Vater wird Carlo auserwählt , ein attraktiver, reicher und erfolgreicher Herzchirurg.
Schmerzhafter Kinderwunsch
🟣 Doch wir sind alle nur Menschen, mit Fehlern und Schwächen. Als auch Carlo sich nur als fehlbarer Mensch erweist, der in der Vergangenheit Schuld auf sich geladen hat, und ihre schmerzhafte Endometriose ihren Kinderwunsch erschwert, wird es für Bianca immer schwieriger die perfekte Maske aufrecht zu erhalten, bis sie zusammenbricht.
🟣 Hier öffnet Verna ein Fenster für Bianca und Carlo, sich wahrhaft zu sehen und zu erkennen. Vergebung scheint möglich. Ob beide diese Möglichkeit wahrnehmen, lässt Verna offen. Den Schluss fand ich ziemlich bewegend und auch hier wird es mir als Leser*in überlassen, wie ich es interpretieren möchte.
🟣 Mir hat Vernas Roman „Der Wert der Gefühle“ ziemlich gut gefallen, hat mich mitgenommen in ein Gefühl, dass ich und bestimmt jede*r kennt, das Gefühl Buße tun zu müßen. Das Reuegefühl über Fehler, die nicht mehr wieder gut zu machen sind und der Wunsch in die Vergangenheit zu reisen um alles anders zu machen.
🟣 Vielen Dank an den Folio Verlag für das Rezensionsexemplar mit diesem wunderschönem, passenden Cover!
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