„Wer bin ich?“
Kann ich mich selbst erkennen, wenn ich in den Spiegel blicke?
Kann ich mich selbst erkennen, wenn ich in meine Vergangenheit schaue?
Eva, die Protagonistin in Eva Prantls Debütroman „Glas“, hat damit große Probleme. Sie fühlt sich ständig von anderen beobachtet und bewertet.
Das entfremdet sie von sich selbst.
Sie entwickelt einen Verfolgungswahn und ihr entgleitet immer mehr die Realität. Immer öfter hat sie unvermittelt phantastische Episoden, die von Gewalt und Kontrollverlust geprägt sind. Als Eva Aaron kennenlernt, bietet sich ihr eine Möglichkeit, sich wieder mehr in der Realität zu verankern und sich ihren Ängsten zu stellen.
Die Ich-Erzählerin des Romans und auch ich als Leser*in beobachten Eva dabei.
Prantl baut sehr geschickt und interessant einen rätselhaften Perspektivenwechsel von „sie“ zur Ich Erzählerin ein. Die Erzählerin durchbricht die vierte Wand und spricht mich direkt an. Aber bin ich überhaupt gemeint?
Das verwirrt mich und lässt die wahre Erzählperspektive verschwimmen.
Das ist sehr raffiniert und greift das Thema des Romans, den Realitätsverlust und die divergenten Wahrnehmungen, auf .
Prantl fordert mich durch ihre Figur immer wieder auf, genau hinzuschauen. Genau zu lesen. Auf das Unsichtbare zu achten. Mich selbst zu erkennen. Mein Angst zu konfrontieren.
„Wir haben alle Angst. Aber wir dürfen unsere Entscheidungen nicht aus Furcht treffen. Sondern wir müssen unsere eigenen Entscheidungen treffen, trotz der Angst. Wir müssen den Idealist in uns anerkennen.“
Erkenne dich selbst!
„Glas“ ist ein literarisches Vexierspiel, das ich sehr anspruchsvoll, rätselhaft und sehr atmosphärisch fand. Sicher habe ich in meiner profanen geistigen Unbedarftheit nicht alle philosophischen Fährten Prantls verfolgen können und einige Untiefen sind mir verborgen geblieben.
Das ist auch nicht mein Anspruch beim Lesen von mich fordernder Literatur. Vielmehr möchte ich meine Gedanken fliegen lassen, mich zu freiem, anderem Denken ermutigen lassen und die geschriebene Stimmung emotional in mir aufnehmen.
Mit diesem Anspruch konnte ich bei „Glas“ aus dem Vollem schöpfen, Prantls Text ist für mich voll von assoziationsreichen Bildern und Gedankengängen.
Allein die von Prantl gewählten Namen und die verwendeten Symbole bieten viele Möglichkeiten zur Interpretation.
Schau dir doch mal das Cover und den Titel an. Was siehst du und an was denkst du? Vor was hast du Angst?
Wenn du an solchen offen gehaltenen Überlegungen Freude findest, ist dieser „Glas“ vielleicht genau das richtige für dich!
Danke, liebe Verena (Verena Prantl) für das schöne Gespräch auf der Frankfurter Buchmesse 2023 und natürlich für das Rezensionsexemplar! Ich wünsche dir (und dem Septime Verlag) ganz viel Erfolg und natürlich Verkäufe! Ich hoffe sehr auf weitere Arbeiten aus deiner Feder!
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