Der Schluss des Roman „Hinters Licht“ kann bei mir noch mal richtig punkten. Auch das Lesen an sich hat mir Spaß gemacht und mich unterhalten, auch wenn ich so einige Kritikpunkte hatte und sich meine Erwartungen nicht alle erfüllt haben.
„Hinters Licht“ ist nach dem Bestseller Thriller „Isola“ der zweite Roman der schwedischen Journalistin und Moderatorin, der auch international verkauft wurde.
Das Setting hat mich sofort angesprochen, weil ich die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts und die gesellschaftlichen Umbrüche, vor dessen Hintergrund sich der Spiritismus in England verbreitet hat, sehr interessant finde.
Auch Avdic beschreibt in ihrem Roman, wie viele junge Männer im ersten Weltkrieg, „dessen Sinn sie nie begriffen haben, auf den französischen Lehmäckern“ verschwunden sind. Ihre Angehörige bleiben verzweifelt und mit ihren Fragen zurück.
In ihrer Not wenden sie sich dem Spiritismus und Medien zu, in der Hoffnung noch Antworten auf den Verbleib ihrer Lieben zu bekommen.
Aus heutiger Sicht mag es verwunderlich erscheinen, aber der damalige Spiritismus stand nicht im Widerspruch zu Wissenschaft und es wurde in teilweise seriösen Forschungen untersucht, ob paranormale Kräfte, wie Gedanken lesen oder der Kontakt mit dem Jenseits, wirklich möglich und nachweisbar sind.
Vor diesem Hintergrund erzählt Avdic die Geschichte von Ruth Doran und Thomas Bradford, die beide lose auf historischen Persönlichkeiten basieren. Der Wissenschaftler Thomas Bradford hat sich der Erforschung von Botschaften aus dem Jenseits gewidmet. Die studierte Mathematikerin Ruth nach dem Tod ihres Mannes seine Assistentin.
Avdic macht im Nachwort keinen Hehl daraus, dass sie sich viele fiktive Freiheiten für den Roman genommen hat. Diesen Hinweis hätte ich allerdings nicht gebraucht, denn mir ist auf jeder Seite klar, dass ich einen Unterhaltungsroman und keinen Tatsachenroman lese.
Wer führt mich hinters Licht?
Und hier fangen auch schon meinen Kritikpunkte an. Gerne hätte ich mehr über die gesellschaftlichen Hintergründe und die sozialen Ursachen von Spiritismus gelesen, aber die sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte zwischen der Witwe Ruth und dem verheirateten Thomas nimmt den meisten Raum des Romans ein.
Gegen eine gut erzählte Romance habe ich grundsätzlich nichts einzuwenden, allerdings finde ich in Avdics Konstrukt von weiblicher Rivalität um einen begehrten Mann einige Geschlechterstereotype, die mir empfindlich auffallen.
Auch die düster umwolkten Phrophezeiungen, die von einem großen kommenden Unheil künden, sind nicht subtil dosiert, sondern aufdringlich.
“Und dass diese Kombination verhängnisvoll sein könnte – wie wir am Ende noch sehen werden.”
Richtig gut gefällt mir der Erzählstil, der mit verschiedenen Rückblicken und Ruths Tagebucheinträgen arbeitet und der mich als Leser*in oft direkt anspricht. Letztendlich soll ich kunstfertig hinters Licht geführt werden. Das gelingt allerdings nur teilweise, da für mich die zahlreichen Andeutungen und Fäden, die mich in eine gewisse Richtung lenken sollen, nicht transparent genug waren.
Mein Fazit fällt entsprechend durchwachsen aus. Ich konnte den Roman gut und gerne lesen, hätte aber gerne mehr Tiefgang und Ausarbeitung in Punkto Spiritismus und Figurenpsycholgie gesehen.
Vielen lieben Dank an den Arche Verlag und Politycki & Partner für das wunderschöne Rezensionsexemplar.
Aus dem Schwedischen von Stefanie Werner
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