KARAT von Karin Rey

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Karat Karin Rey Rezension

Der Roman „Karat“ war mir mit seinem auffällig interessanten und wunderschönen Cover schon öfter auf #bookstagram ins Auge gestochen. Er hatte es aber auf Grund des in der Kurzbeschreibung angeteaserten Inhaltes nicht auf meine Leseliste geschafft. Dort wird nämlich ein spontaner Roadtrip und eine ungeplante Schwangerschaft versprochen, zwei Romanzutaten, die mich jetzt nicht unbedingt in Verzückung versetzen. 

Eine der beiden Hauptfiguren, Etna, arbeitet als Goldschmiedin und hat bemerkt, dass es eigentlich niemanden interessiert, schon gar nicht verliebte Paare, die einen Ehering kaufen möchten, woher das Gold eigentlich kommt. Und da gäbe es einiges zu erzählen, denn die Schweiz ist ein zentraler globaler Akteur im Goldgeschäft und verarbeitet rund 70% des weltweiten Goldes. Abgebaut wird es allerdings woanders, und zwar unter sehr fragwürdigen Umständen und mit verheerenden Folgen für die Umwelt und die Menschen vor Ort.

Und weil es mit dem aktivistischen Engagement und einem Kind gleichzeitig vermutlich schwierig wird, beschließt sie, einen Vater für das ungeborenen Kind (Arbeitstitel Rolf) zu suchen. Svenja, eine junge Frau, die gerade ihre Eheringe abholen will, nimmt sie spontan einfach mit.

Svenja wird in drei Wochen ihren Freund Leo heiraten, und ihr kommt die kleine Auszeit gerade recht. Sie hat Zweifel, ob sie wirklich den ganzen Rest ihres Lebens mit diesem Mann verbringen will. Leo hingegen hat genaue Pläne: heiraten, das Haus der Eltern übernehmen, Kinder, “Sesshaft werden” nennt er das.

Roadtrip mit echten Karat

Also wenn dieser Plot jetzt ein bißchen holterdiepolter klingt, dann beschreibt das ziemlich gut meinen Leseeindruck. Rey stürzt sich in diese Geschichte ohne Rücksicht auf psychologische Stringenz. Das ist sicher kein Roman, der die ganz großen Abgründe einer ungeplanten Schwangerschaft, die Entscheidung für oder gegen ein Kind und die feinen Mechanismen einer Frauenfreundschaft auslotet.

Mir gefallen aber die angedeuteten Fragen, die Rey vor allem in Bezug auf das Gold-Thema stellt und die ich mir auch oft stelle. Unser heutiges Konsumleben ist so komplex, dass es schwer durchschaubar ist, wo wir überhaupt Einfluss nehmen können und wo wir mit unseren Entscheidungen Verantwortung übernehmen. 

Rey zeigt am Beispiel eines kleinen Goldrings, wie weit die globalen Konsequenzen unserer Entscheidungen reichen können.

“Es heißt, man könne die Welt doch nicht mit dem Kauf eines einzigen Ringes verändern … “

Im Laufe des Roadtrip überdenken Etna und Svenja auch ihre Verantwortung, bezogen auf ihr privates Leben und ihre Beziehungen.

Obwohl die Figuren nicht sooo viel jünger sind als ich, konnte ich mich nur schwer in deren Gedankenwelt hineinversetzen und fühlte mich beim Lesen wie eine (zu?) abgeklärte, alte Oma, die über „diese Jugendlichen“ den Kopf schüttelt. Nicht sehr schmeichelhaft für meine geistige Flexibilität. Oder für den Roman?

Dabei ist das, wenn du vom holterdiepolter Plot nicht gerade abgelenkt bist, die große Stärke des Romans. Er erzählt vom Glauben an Spontanität und der Möglichkeit von Zukunft und Veränderung.

So beende ich diese Rezension mit der Einschätzung von Karin Rey selbst:

„Man sagt, der Text sei lustig, aber mit Humor ist es bekanntlich so eine Sache… Kaufen würde ich es auf jeden Fall.“

  • Karin Rey
  • Karat Karin Rey Klappentext

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