Ja mei, der Flori, der hat’s halt nit leicht. Gern möcht ich ihn haben, und recht lieb, hat er ja sonst keinen Menschen außer der Frau Eichinger.
Der Flori ist nämlich ein homosexueller junger Mann, der Anfang der 80er in Wolfrathshausen tief im Süden Bayerns merkt, dass er einfach nicht in dieses kleine, verklemmte Spießerleben passt. Der Flori hat nämlich gar keine Lust auf ein Malocherleben, auf Kleinfamilie spielen hinter dem Jägerzaun. Und die örtliche Männerauswahl lässt auch sehr zu wünschen übrig. Dass der Flori in dem katholischen Umfeld gemobbt und nicht verstanden wird, ist eh klar.
Es ist die große Stärke von „Sauhund“, wie genial Lion Christ den Zeitgeist des ländlichen bayrischen Milieus einfängt, als wär er selbst dabei gewesen.
Ich bin auf jeden Fall dabei, als er den Flori auf verschiedenen Stationen nach München und somit in die große weite Welt aufbrechen lässt.
Aber auch in München ist natürlich nicht alles Gold was glänzt. Auf den Flori hat da keiner gewartet und die große Karriere als Dichter/Schauspieler/Songwriter kommt auch nicht von alleine.
Aber zumindest gibt es hier mehr Glamour and Glitter und die Männerauswahl ist um einiges besser.
Echte Gefühle oder Prostitution?
Allerdings werfen das Aufkommen des HI-Virus und polizeiliche und gesellschaftliche Stigmatisierung Schatten über die hedonistische queere Szene.
Wenn das Putzlicht in der Disko angeht, dann ist der Flori doch wieder alleine und welchen Sinn hat das dann alles?
Christ hat mit dem Flori einen unvergeßlichen Helden geschaffen, der mich mit seiner Verletzlichkeit und der ihm eigenen Zartheit sehr anrührt. Seine Verlorenheit erinnert mich zusammen mit dem Pelzmantel an die Doris in „Das kunstseidene Mädchen“. Der Flori will doch auch „ein Glanz sein“, aber eigentlich nur ganz arg geliebt werden.
Ich liebe den Sprachsound von Christs Schreibweise! Für mich als Bayer*in ist das ein ganz besonderes und seltenes Vergnügen, die vertraute Sprachmelodie auf diese Art verwendet zu lesen.
Abstriche im Lesevergnügen muss ich beim Spannungsbogen machen. Im Mittelteil verliert er sich für mich in zuvielen Begegnungen ein bißchen in der Langeweile, so dass ich das Buch erst mal zur Seite legte.
Aber irgendwie lies mich der „Sauhund“ nicht los und ich wollte wissen, was aus dem Flori geworden ist. Ob sich seine Wünsche erfüllt haben und er „Alles“ bekommen hat. Den Schluss werd ich jedenfalls so schnell nicht vergessen und den Flori auch nicht.
Ja, mei, der Flori, gern mocht ich ihn und seine Geschichte und ich wünsch dem Lion Christ noch recht viel Erfolg für sein Buch und für alles weitere, was er anpacken wird!
„Sauhund“ erschien 2023 beim Hanser Literatur Verlag.
P.S. Ich möchte auf die wirklich großartige Hörbuchproduktion von audiolino Verlag hinweisen. Den bayerische Sprachstil und den authentische Erzählsound vermittelt Sprecher Luca Pawelka in kongenialer Weise! Eine Empfehlung auch und besonders für alle Nicht-Muttersprachler*innen!
Schreibe einen Kommentar