Eshkol Nevo gehört zu den wichtigsten isrealischen Schriftstellern der Gegenwart. Auch bei uns in Deutschland hat er mit seinen Bestseller Romanen einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht.
Für mich war „Trügerische Anziehung“ das erste Buch des Autoren, es wird aber sicher nicht das letzte bleiben, denn ich mochte Nevos Schreibstill und seine subtile Art Zweideutigkeit in seiner Themenbearbeitung herzustellen sehr.
„Trügerische Anziehung“ ist kein durchgängiger Roman, sondern besteht aus drei einzelnen Geschichten, die wirklich nur sehr lose miteinander verknüpft sind.
Und doch sind die Erzählungen intensiv thematisch miteinander verbunden, denn Eshkol beleuchtet die dunklen Ecken von „trügerischer Anziehung“.
Wen begehrst du? Zu wem fühlst du dich hingezogen und warum?
Eigentlich fand ich alle drei Geschichten wirklich gleich gut, wobei sich vielleicht die Dritte und Letzte durch ihre zusätzliche Metaebene abhebt.
#metoo Geschichte oder Missverständnis
Besonders nachgedacht habe ich über „Familiäre Vorbelastung“. Ich hatte in letzter Zeit einige #metoo Romane gelesen, die von und aus Sicht von Frauen* geschrieben waren. Mit dem älteren Arzt Dr. Caro, der sich zu seiner jüngeren Kollegin hingezogen fühlt, fügt Nevo eine weitere und sehr ambivalente Perspektive hinzu, die moralische Fragen aufwirft und in eine ungewohnte Richtung führt.
Mir gefällt es wirklich sehr gut, wie zweideutig Eshkol seine Geschichten aufbaut und wie subtil er in meinen Augen den darin zum Teil vorhandenen „male gaze“ unterläuft.
Die dritte Geschichte ist aus der weiblichen Perspektive einer Frau geschrieben, deren Mann plötzlich und unerklärlich aus einer Obstplantage verschwindet. Die Anspielungen auf eine Geschichte aus dem Talmud erschlossen sich mir nicht vollständig, aber auch so hatte die Geschichte für mich ihren eigenen Reiz, schon allein auf Grund des darin geschilderten transzendenten Sexerlebnis!
Für mich war „Trügerische Anziehung“ sowohl unterhaltsam als auch tiefgründig und hat mich auf weitere Romane von Eshkol Nevo neugierig gemacht.
Vielen lieben Dank an den dtv Verlag, der mir mit dem gewünschten Rezensionsexemplar das Lesen und diesen Beitrag ermöglicht hat! Danke und viel Erfolg an Eshkol Nevo für den Roman.
Aus dem Hebräischen von Ulrike Harnisch
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