Zehn Bilder einer Liebe von Hannes Köhler

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Zehn Bilder einer Liebe Hannes Köhler Rezension

Es gibt Bücher, da finde ich das Cover so ansprechend, dass ich sie unbedingt lesen will. Das Cover von „Zehn Bilder einer Liebe“ ist so eines. Es zeigt zwei verschlungene Menschen und es ist nicht klar erkennbar, ob sie gerade kämpfen oder sich umarmen. In Verbindung mit dem Titel ist das für mich eine vielversprechende Kombination.

Und Hannes Köhler lässt in seinem vierten Roman sein Liebespaar David und Luisa eine massive Krise durchlaufen, so dass beide nicht mehr wissen, ob sie sich noch lieben, oder schon gegeneinander kämpfen. Oder beides.

David und Luisa werden ein Liebespaar, als beide schon Beziehungen hinter sich haben und die etwas ältere Luisa hat bereits eine Tochter. 

Patchworkfamilie

In 10 Bildern oder Kapiteln erzählt Köhler die Geschichte der beiden, beginnend von ihrer allerersten Begegnung und ihrer Vergangenheit und kommt dabei immer wieder auf ihren aktuellen großen Tiefpunkt zurück.

Der stellt sich ein, als in David der Wunsch nach einem eigenen gemeinsamen Kind mit Luisa aufkommt. Er hat Angst sich mit ihrer Tochter Ronya zu sehr zu verbinden und sie nach einer möglichen Trennung komplett zu verlieren. Im Laufe des Romans merkt er allerdings, dass diese Distanz zu Ronya im täglichen Zusammenleben nicht aufrecht zu erhalten ist.

Auch Luisa ist bereit für ein gemeinsames Kind mit David, wenn auch vielleicht nicht genauso begeistert. Doch der Kinderwunsch der beiden erfüllt sich nicht ohne Weiteres.

Die missglückten Versuche in der Kinderwunschklinik und der unerfüllte Kinderwunsch stürzen David in eine schwere Krise und erschüttern sein Selbstverständnis und die Beziehung.

Denn hinter dem Kinderwunsch stecken eine ganze Reihe von komplexen und zum Teil nicht eingestandener Wünsche und tief verankerte Glaubenssätze über Familie. Köhler legt diese Verbindungen offen und hat mit Davids und Luisa zwei wunderbare vielschichtige Protagonist*innen geschaffen, deren Liebe und Persönlichkeit authentisch und nahbar ist.

Kinderwunsch ist nicht rational

“All diese Modernis, dachte sie, die sich Feministen nannten, von Equal Pay und gleichberechtigter Partnerschaft quatschten, zeigten ihr wahres Gesicht, wenn die Kinder mit unerbittlicher Härte das Dasein forderten, einen Körper, auf den sie rotzen, kotzen und scheißen konnten.”

Ebenfalls sehr gelungen finde ich wie „Zehn Bilder einer Liebe“ hinterfragt, was Familie jenseits von Trauschein heute eigentlich bedeuten kann und verhandelt ihren eigentlichen Wesenskern.

“Sie hasste das Wort Familie. Familie war Zwang, war Blut und Genetik, war Schweigen, schlecht versteckte Abneigung. Aber das, dieser Mischmasch aus ihnen dreien, das war etwas, für das ihr ein besseres Wort fehlte, etwas, auf das sie das alte, verfluchte Wort vorsichtig setzen konnte, ohne dass es sich nach Ersticken anfühlte. Einzeln sein und doch etwas Gemeinsames.

Aber weil man es wollte, nicht weil man musste.”

Hannes Köhler schreibt sowohl aus Davids als auch aus Luisas Perspektive und ich finde beide Gedankenwelten gleichermaßen gelungen und nachvollziehbar. Er zeigt in den zehn Bildern nur einen Ausschnitt ihrer gemeinsamen Geschichte und ich hätte die Geschichte des Paares gerne noch ein bißchen weiter in die Zukunft verfolgt.

Aber der Schlusspunkt ist gleichzeitig auch perfekt gesetzt, weil er so meiner eigenen Phantasie überlässt, wie es mit den beiden weitergeht. Und das warme Gefühl mit dem ich den Roman nach dem Beenden weglege, lässt in mir keinen Zweifel an meiner persönlichen Zukunftsversion für die beiden.

Das Cover versprach einen wunderbaren Roman und hat mich nicht getäuscht. Zehn Bilder einer Liebe hat mir sehr gut gefallen und sorgt dafür, dass ich den Schriftsteller Hannes Köhler auf meiner Watchlist behalten werde.

  • Hannes Köhler
  • Zehn Bilder einer Liebe Hannes Köhler Klappentext

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