Der Roman „Bis alles brennt“ startet voller Action. Mit der Ich-Erzählerin bin ich mitten in einer illegalen Aktion einiger junger Menschen, die sich gegen Atomkraftwerke und für eine andere Klimapolitik engagieren. Sie werden alle von der Polizei verhaftet.
Die Ich-Erzählerin ist Laetitia, eine desillusionierte Klimaaktivistin, die mit einem bürgerlichen Leben gebrochen hat, um mit ihren Freunden etwas zu verändern. Aber die Luft ist raus, die Nachrichten werden immer schlechter und von irgendwas muss mensch ja auch leben.
„und dann war der Winter da
der Utopie
war langsam
die Luft ausgegangen
sie hatte sich schließlich
zwischen den Wurzeln
aufgelöst
die Feuchtigkeit
und die Angst
hatten ihn davongetragen“
Laetitia, so erfahre ich nach und nach aus der fraktalen Erzählung, lebt bei ihrem Vater und arbeitet als Hilfskraft in einer künstlichen Schneehalle. Besonders belastet sie der Gedanke an den atomaren Müll, der unter anderem aus Deutschland nach Frankreich gebracht wird, um dort in sogenannten Zwischenlagern vergraben zu werden. Atomarer Müll, der noch Jahrtausende strahlen wird.
Die Klimaziele sind eigentlich nicht mehr erreichbar, es findet kein Umdenken statt. Im Gegenteil, die Menschen betäuben sich mit immer neuen Konsumgüttern. Der Kapitalismus ist die treibende Kraft und Brandbeschleuniger für die Zerstörung der eigenen Welt.
Keine Zukunft
Von ihrer Familie bekommt Laetitia keine Bestärkung. Ihre eigene Zwillingsschwester lebt den kapitalistischen Traum. Sie macht Karriere und wünscht sich nur dass Laetitia endlich vernünftig wird. Laetitia hingegen investiert nicht mehr in ihr Leben und in ihre Zukunft, denn sie sieht, dass die Gesellschaft es genauso wenig tut.
„es gibt nichts Großherzigeres
als nicht zu gebären
in meinem Trauerleben
und in dieser Welt
schwarzes Loch“
Es ist düster und hoffnungslos in den Gedanken der Erzählerin und sie ziehen mich vollständig in ihren Bann. Es ist eine ganz besondere, reduzierte und radikale Erzählweise, für die sich Laurain für ihren ersten Roman entschieden hat. Die Atmosphäre, die sie so erzeugt, vermittelt unmittelbar und beklemmend das verzweifelte Gefühl eines aussichtslosen Kampfes.
Ich finde, das ist intensive, strahlend schöne und gewaltige Literatur, die sich hier entfaltet.
Ich bin sehr froh, dass ich den Roman als Rezensionsexemplar bekommen hatte und dass ich mich an diese ungewohnte Erzählform gewagt habe. Ich kann dich nur ermuntern, es mir gleichzutun, wenn du Lust auf eine radikale Geschichte hast!
Vielen Dank an Voland & Quist für diese Erfahrung. Danke und viel Erfolg an Hélène Laurain für den „Bis alles brennt“!
Aus dem Französischen von Isabel Kupski
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