BRENNENDE FELDER von Reinhard Kaiser-Mühlecker

Geschrieben von:

Brennende Felder Reinhard Kaiser-Mühlecker

Äh ja krass, der Roman war gut! Es erstaunt mich selber, dass ich zu diesem Fazit komme, denn der Einstieg in “Brennende Felder” erwies sich für mich als zäh. Auch der Klappentext und die Kurzbeschreibung erwiesen sich als wenig hilfreich, denn sie geben die Themen des Roman und seine Komplexität nur unzureichend wieder.

Allein auf den ersten 30 Seiten finde ich genug komprimierte Handlung und emotionale Themen für einen eigenen Roman. Deswegen ist es auch kein Spoiler, wenn ich das Präludium für dich kurz beschreibe:

Luisa (die Protagonistin) ist ein “Rauschkind”, der Mann von Luisas Mutter Bob ist nicht ihr biologischer Erzeuger. Sie verehrt und bewundert den Stiefvater seit sie ein kleines Mädchen war. Als Teenagerin gesteht sie ihm ihre große Liebe und dass sie mit ihm zusammen sein möchte. Bob verlässt daraufhin verstört die Familie. Jahrzehnte später steht er plötzlich und unangemeldet vor der Tür der erwachsenen Luisa und fragt, ob ihr Angebot noch steht.

Das tut es und sie beginnen eine Beziehung…

Wie gesagt, das ist nur die Overtüre. Die Beziehung zu Bob ist nicht von Dauer und endet…dramatisch!

Dabei ist der Erzählstil des Romans ist aber keineswegs von actionreicher Natur, sondern vielmehr von gezügelter Energie.

gezügelter und doch reichhaltiger Plot!

Die Figur Luisa finde ich unfassbar interessant und Kaiser-Mühlecker enthüllt immer mehr ihrer Persönlichkeit und ihrer Handlungsmotivation.

Ihr Verhältnis zu den verschiedenen Männern in ihrem Leben sind dabei nur ein Symptom ihrer inneren Leerstellen.

Gerade sie, der ihre eigenen Kinder “abspenstig gemacht” wurden, sucht sich dann einen Mann mit einem besonderen Sohn, der sich nach einer Mutter sehnt. Aber waren es wirklich die Väter die Luise den Zugang zu den Kindern verwehrten, oder schützten sie sie vor dem unsteten Leben der Mutter? Ich kenne nur Luisas Perspektive, doch Kaiser-Mühlecker lässt mich durchaus zwischen den Zeilen lesen.

Dass sie sich außerdem diesen Mann, mit dem sie eine äußerst ambivalente gemeinsame Geschichte verbindet, für ihre neue Beziehung wählt, wirft Fragen auf.

Luisa sehnt sich nach etwas, dass sie Vollkommen macht, sie ergänzt, eine Leerstelle füllt und doch läuft sie vor Verantwortung davon und bemüht sich wenig um Menschen, die ihr nahe sind.

Alle ihre Wünsche, Männer und Wohnorte schal, sobald sie sie erreicht hat. Eine ewige Unzufriedenheit.

“Sie würden einander so nah sein wie die eigene Halsschlagader. Sie würden eins werden. Sie würden verschmelzen, ineinanderfließen, nicht mehr wissen, nicht mehr sagen können, ja nicht mehr wissen oder sagen wollen, wo der eine aufhörte und der andere anfing.”

Erst als Schriftstellerin endlich glücklich?

Kaiser-Mühleckers Erzählstruktur in „Brennende Felder“ finde ich sehr gediegen, spröde, und hat längere Sätze, als ich es gewohnt bin. Aber keinesfalls langweilig, sondern mit einem subtil spannenden Unterton, der mich an die Seiten fesselt, je mehr ich davon lese.

Und je mehr ich über Luisa lese, desto mehr glaube ich hinter ihre Fassade zu schauen, die sie in der ersten Hälfte gern als angehende Schriftstellerin zeigt.

“Sie war nicht die Frau, die sich aushalten ließ, und doch hatte sie von dem Geld, das sie dann und wann verdient hatte, nie auch nur annähernd ihren sogenannten Lebensunterhalt bestreiten können. Dass das nicht ihre Schuld gewesen war, war ihr immer klar gewesen. Oder war es doch ihre Schuld gewesen, zumindest ein wenig?”

Und Kaiser-Mühlecker erzählt eigentlich ruhig und stetig, umso heftiger und unerwarteter knallen dann die Ereignisse.

Ich bin tatsächlich ziemlich geflasht, als immer mehr Persönlichkeitsanteile von Luisa kennen lerne! 

Jetzt verrate ich natürlich nichts mehr, damit du selbst Lust bekommst, was es mit den brennenden Feldern im ländlichen Österreich auf sich hat und warum mich der Schluss an “Psycho” erinnert.

“Es war nicht Geduld, was sie brauchte, es war bloß Willen, und Willen hatte sie. Sie war gut darin, zu bekommen, was sie wollte; sehr gut sogar.”

„Brennende Felder“ ist der dritte Teil von Kaiser-Mühleckers österreichischem Romanzyklus, der von der gleichen Familie erzählt. Das war mir im Vorfeld nicht bewusst, da das mein erster Roman des vielfach preisgekrönten österreichischen Autoren war, und hat für mich trotzdem gut funktioniert. Aber ich möchte jetzt wirklich noch mehr von Kaiser-Mühlecker lesen und entdecken.

Vielen Dank an den S. Fischer Verlag für das gewünschte Rezensionsexemplar. Danke und viel Erfolg an Reinhard Kaiser-Mühlecker für den Roman!

  • Brennende Felder Reinhard Kaiser-Mühlecker Klappentext
  • Reinhard Kaiser-Mühlecker

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert