Daniel Glattauer kenne ich als Autoren schon viele Jahre. Nach „Gut gegen Nordwind“ und „Alle sieben Wellen“, die ich sehr charmant und amüsant fand, verlor ich ihn ein wenig aus den Augen.
Jetzt trat er mit „Die spürst du nicht“ zurück in mein Blickfeld.
Seine Schreibweise erkenne ich sofort wieder. Zwischen den Zeilen blitzt Intelligenz und Beobachtungsgabe, das mag ich sehr.
Seine Personenbeschreibungen sind spitzzüngig und pointiert, aber nicht zynisch.
Die Kurzbeschreibung teaserte mich mit einem ansprechenden Setting: ein toskanischer Urlaub, zwei befreundetet Paare aus der gehobene Mittelschicht des Bildungsbürgertums samt Kinder. Mit dabei eine Freundin der Tochter. Ein somalisches Flüchtlingskind.
Die schon im Klappentext angekündigte Katastrophe trifft mich auf Grund ihrer Schwere bereits nach den ersten Seiten unvorbereitet.
Danach, wieder in Österreich, entspinnt Daniel Glattauer auf einem gesellschaftlichem Tableau, wie die verschiedenen Beteiligten damit umgehen. Als besonderes Stilmittel lässt er Zeitungsauschnitte mit verschiedenen Postings und Kommentator*innen einfließen.
Das lockert das ganze wunderbar auf und macht es unterhaltsam und abwechslungsreich.
Mir gefallen die gesellschaftskritischen Anklänge Glattauers, die ich so noch nicht von ihm kenne, wirklich sehr gut. Eine weitere seiner Stärken liegt meiner Meinung nach in der Figurenbeschreibung und Entwicklung der Charakter.
Unwohlsein löst bei mir die Beschreibung der Flüchtlingsfamilie Ahmed aus, deren furchtbares Schicksals als Platzhalter für viele schlimme andere Einzelschicksale herhalten muss. Es mag einer gewissen Überempfindlichkeit geschuldet sein, denn ich empfinde die vereinfachte Erzählweise ihrer Geschichte als leicht stereotyp.
Weiterhin möchte ich deutlich sagen, dass ich den Roman in erster Linie für mich als Unterhaltung mit etwas Tiefgang, und nicht als tiefsinnige Literatur einordne.
Die Weiterführung der Story bedient sich einiger Griffe, die zwar den Unterhaltungswert steigern, nicht aber die Abbildung der Realität. Das muss aber auch nicht sein. Glattauer meistert dank seiner Schreibkunst diesen Widerspruch und führt alles zu einem, nach Unterhaltungsmaßstäben, rundem Ende.
Das macht große Lesefreude und lässt mich den Roman fast auf einen Rutsch durchlesen.
Für mich in Summe ein sehr lesenswerter Unterhaltungsroman, der pointiert wichtige gesellschaftliche Themen aufgreift.
Vielen Dank an Lovelybooks und Hanser Literaturverlage für die Leserunde, an der ich teilnehmen durfte!
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