Ein Stundenbuch der Liebe
Ein Grund, warum ich Literatur so liebe, ist, dass sie mich mitnimmt in andere Welten. Literatur führt mich in unbekannte Weiten, des Lebens und des Geistes. Literatur eröffnet mir neue Perspektiven und zeigt mir eine ganze Landkarte an Erfahrungen.
„Der heutige Tag“ von Helga Schubert ist so ein Buch. Die Reise geht nicht an ein exotisches Ziel, sondern zeigt mir eine Welt, die für mich fern und doch so nah ist. Helga Schubert erzählt mir in diesem unglaublich privaten und intimen Roman eine zärtliche Liebesgeschichte, die schon über 50 Jahre andauert. Jetzt ist ihr Mann weit über 90 Jahre und sie selbst eine alte Frau, die ihn, den an Demenz Erkrankten, pflegt.
Es ist ein Alltag, in dem jeder Tag, der heutige Tag, zählt, jeder kleine positive Augenblick so wertvoll. Die kleine Gesten der Zärtlichkeit und Liebe sind unglaublich kostbar.
Fern ist mir diese Welt, da in meinem leistungsorientierten und durchgeplanten Alltag aus Ingenieurberuf und Elternschaft, wenig Platz für das Leben im Moment scheint. Kein Platz für die kleinen und doch wichtigen Dinge.
Und doch so nah. Denn auch wenn das Alter im Moment noch weit weg zu sein scheint, zeigt uns Schubert auch:
„Jeder von uns kann hilflos werden und braucht Erbarmen.“
Dieses Hörbuch hat mir schon nach den ersten Sätzen den Hals zugeschnürt. Denn dieses direkte Nebeneinander von Pflege, Hilfsbedürftigkeit und Liebe rührt mich sehr. Hier steht bei Schubert ein „Und“ und kein „Trotzdem“. Sie zeigt mir ein Annehmen der Situation, die nichts mit Resignation zu tun hat, sondern mit Zuversicht.
Als Atheist*in konnte ich zwar mit den religiösen Aspekten nicht viel anfangen, doch ich spürte den Trost, den Schuberts Erzählfigur daraus ziehen konnte und bin froh darum.
Ein sehr bewegendes Hörbuch, dass ich allen, die sich mit dem Thema auseinandersetzten wollen und können, empfehle!
Ich danke auf jeden Fall dem Argon Verlag und @netgalleyde für das Zurverfügungstellung dieses Hörbuches!
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