DREI METER DREISSIG von Jaqueline Scheiber

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Drei Meter Dreißig Jaqueline Scheiber Rezension

„Drei Meter Dreissig“ ist die Liebesgeschichte von Klara und Balázs. Es ist aber auch die Geschichte vom Weiterleben, wenn einer geht.

Und wer geht, macht Scheiber gleich im ersten Kapitel klar, oder? Schließlich steht da „Er war tot“.

Dann beginnt eine Uhr zu ticken.

Klara wacht auf. War das alles nur ein Traum? 

Es entfaltet sich ein kammerspielartiges „Was geschah“, das mit dem Ticken von ablaufender Zeit unterlegt wird.

Doch viel spannender finde ich fast, was in den Pausen passiert, in den Rückblicken in die Geschichte von Klara und Balázs, in der die Zeit bereits vergangen und vorbei ist.

„Balázs würde ihr Leben wenden. Diese Vermutung lag so vage in der Mitte ihres Körpers, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Worte dafür fand.“

Der Familienmensch Balázs der sein ungarischen Dorf verlassen hat und in Wien immer noch der Fremde ist, wie man noch immer an seiner Sprechweise hören kann.

Nicht immer läuft im Alltag und Zusammenleben der beiden alles rund und harmonisch. Vor allem Klara hat Schwierigkeiten, sich in die emotionale Abhängigkeit, die Liebe bedeutet, fallen zu lassen.

Es ist keine perfekte, klassisch kitschige Liebesgeschichte, und doch fängt Scheiber den Zauber der verschiedenen alltäglichen Kleinigkeiten und Reibungen eines gemeinsamen Alltags wundervoll ein. Und wenn der Alltag plötzlich wegfällt, zeigt sich manchmal, es waren doch keine Kleinigkeiten, sondern das Leben selbst.

Formal und stilistisch hat Scheiber ihren Roman, den sie nach Essaybüchern  „Ungeschönt“ und „Offenheit“ als ihr Debüt veröffentlicht, großartig angelegt. Die Szenen, in denen die Zeit im hier und jetzt davonläuft, sind voller prägnanter Sinneseindrücke von Verzweiflung und Schmerz und steuern gnadenlos auf das Ablaufen der Uhr zu. Die Passagen im Rückblick dagegen ruhig und emphatisch erzählt. Sie bringen mir Klara näher. Besonders gut gelungen finde ich die Beschreibung der Freundschaft zwischen Klara und Jasmin, die ebenfalls nicht ohne Brüche auskommt.

Manche Stellen hätte ich persönlich vielleicht etwas deutlicher auserzählt gebraucht, da ich manchmal das Gefühl hatte, nicht alle Nuancen richtig aufnehmen zu können. Diese Passagen empfinde ich dann als etwas langweilig. Auch die Perspektivenwechsel zu Balázs fühlten sich für mich nicht immer stimmig an.

Auf jeden Fall ist „Drei Meter Dreissig“ ein außergewöhnliches und gleichermaßen kreatives wie empfehlenswertes Debüt, dass mich hoffen lässt, dass Scheiber ihre Karriere auch als Romanschriftstellerin weiter verfolgt!

„Ich denke, all die großen Gefühle gibt es nur, weil wir nicht wissen, wie oft oder wie lange wir sie fühlen können oder müssen“

  • Jaqueline Scheiber
  • Drei Meter Dreißig Jaqueline Scheiber Klappentext

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