Hattest du mal als junger Mensch Liebeskummer und ein gebrochenes Herz? Dann weißt du wahrscheinlich wie schmerzhaft das sein kann.
Das weiß auch die Ich-Erzählerin Lilli, denn ihr Freund hat gerade unschön mit ihr Schluss gemacht. Und leider sind ihre Herzschmerzen nicht nur metaphorisch, sondern ganz konkret.
“Drei Wochen nachdem mein Ex-Freund sich nach drei Jahren Beziehung mit einer WhatsApp-Nachricht von mir getrennt hatte, bekam ich einen Herzschrittmacher eingesetzt.”
Die Erzählerin leidet schon seit ihrer Kindheit an kleineren und größeren gesundheitlichen Problemen. Bei denen ein geringer Eisenwert eher zu den kleineren gehört. Jetzt gibt es natürlich Schöneres, als mit Anfang 20 einen Herzschrittmacher eingesetzt zu bekommen. Es gibt aber auch noch Schlimmeres, nämlich wegen einer inneren Blutung und dem daraus folgenden Blutsturz fast zu verbluten.
Kann ein Herzschrittmacher ein gebrochenes Herz heilen?
Polanski, die kein Geheimnis daraus macht, dass der Roman weitgehend autofiktional ist, nimmt mich mit ins Krankenhaus und schildert die drastischen Ereignisse, die sie fast das Leben gekostet hätten.
Zwischendurch zeigt sie in kleinen Rückblicken eine Kindheit und Jugend, die stark von Ausgrenzung und Mobbing geprägt war. Aber auch von Freundschaften und der Unterstützung durch ihre Mutter.
Dabei schreibt Polanski sehr offen in poetisch starker Sprache und zeigt eine verletzliche Erzählerin, die von Selbstzweifeln und Depressionen geplagt wird und die mit ihrem Körper hadert.
“War ich tatsächlich so stark? Ich fühlte mich nicht so. Ich fühlte mich schwach und dämlich und faul.”
Eine Erzählerin, die ganz andere Erfahrungen machen muss als ihre Altersgenoss*innen, die beim Start ins Erwachsenenleben aus dem Vollen schöpfen können. Viele sind auch mit den Außmaßen von Lillis gesundheitlichen und mentalen Problemen überfordert und flüchten sich in oberflächliches Mitleid.
»Hast du gehört, was der Lilli schon wieder passiert ist? Sie ist sooo arm!«
Ich habe „Gratulieren müsst ihr mich nicht“ mit großer Freude an der gelungenen Prosa Pollanskis gelesen und ihrer Bereitschaft, sich so verletzlich und offen in ihrem ersten Roman zu zeigen.
Lilli Polanski. Den Namen werde ich mir merken. Ich kann mir gut vorstellen und würde mir sehr wünschen, dass wir noch viel von der jungen Schriftstellerin zu lesen bekommen werden.
„Gratulieren müsst ihr mir nicht“ ist 2024 beim Schöffling & Co. Verlag erschienen.
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