Nachdem ich 2024 bereits einige Romane unterschiedlichster Natur und ein Sachbuch zum Thema Hexen und Hexenverfolgung gelesen hatte, begleiten mich die Hexen auch in mein Lesejahr 2025.
Und zwar mit diesem kleinen, feministischen und ergreifenden Highlight. Obwohl es vom btb Verlag nur eine etwas unscheinbare und dünne Taschenbuchausgabe von „Hexe“ gab, las ich die recht spektakulären 144 Seiten des Romans gefesselt in einem Zug durch.
Der Roman hat die Form eines intimes Kammerspiel, das sich in einer Edinburgher Gefängniszelle in der Nacht des 4. Dezember 1591 abspielt. Es ist die Nacht vor der Hinrichtung der 15-jährigen Geillis Duncan, die als Hexe gehängt werden soll. In diesen dunklen Stunden bekommt sie in ihrer Zelle überraschenden Besuch. Es ist Iris, eine junge Frau aus unserer Gegenwart, die durch die Zeit und den Äther gereist ist, um Geillis Trost zu spenden und beizustehen.
Was in dieser Zusammenfassung vielleicht etwas esoterisch klingt, funktioniert für mich in der Ausarbeitung ganz wunderbar. Abwechselnd lässt Fagan die beiden Frauen aus ihrer Perspektive erzählen und mich an ihren Erinnerungen und Gedanken teilhaben.
Es ist frappierend und frustrierend wieviel von der Misogynie und des Gedankenguts aus Geillis Geschichte zur Zeit der Hexenprozesses auch im modernen Leben von Iris zu finden sind.
“Hexe” ist eine wütenden Anklageschrift, die die jahrhundertealten Mechanismen zur Unterdrückung von Frauen* klar benennt und verurteilt.
Fagans Schreibstil ist verdichtet und durch die direkte Rede und Ansprache stark dramatisiert. Das hat auf mich einen sehr mitreisenden Effekt. Die Geschichte der beiden Frauen bewegt mich sehr. Ich wünschte ihnen einen anderes Schicksal, als das im Roman und in der Geschichtsschreibung festgehaltene.
Hexen wurden in der Geschichte schon immer verfolgt
Denn die schottischen Autorin und Lyrikern Jenni Fagan hat die Figur der Geillis Duncan lose auf der gleichnamigen historischen Figur und realen Ereignissen basieren lassen. In den Hexenprozessen von North Berwick sind über 100 Personen, unter anderem Geillis Duncan, der Hexerei angeklagt. Geständnisse wurden unter Folter erpresst, und einige Angeklagte danach zum Tode verurteilt. Auch in Diana Gabaldons Highlandsaga gibt es Bezüge auf diese Ereignisse. Auch sie fiktionalisiert Geillis Duncan als Nebenfigur in ihren Romanen.
Wenn du nach kurzer, intensiver und feministischer Lektüre suchst, ist „Hexe“ eine starke Empfehlung für dich!
Mir wird der dünne Roman mit seinem herzzerreißenden Schluss sicher noch länger in Erinnerung bleiben.
Vielen lieben Dank an den btb Verlag von Penguin und dem Team vom Bloggerportal für das gewünschte Rezensionsexemplar. Danke und viel Erfolg an Jenni Fagan für ihren Roman!
Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence
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