KEIN WASSER STILLT IHREN DURST von Najat Abed Alsamad

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Kein Wasser stillt ihren Durst Najat Abed Alsamad Rezension

„Zieh einen Sohn groß, und er bringt dir Wohlstand; zieh eine Tochter groß, und sie bringt dir Schande!“

So sagt man in Suwaida, in der südsyrischen Provinz. Eine Region, in der die Traditionen der patriarchalenen Gesellschaft und die Regeln der drusischen Relgionsgemeinsschaft das Zusammenleben bestimmen.

Die Autorin Najat Abed Alsamad wurde selbst in Suwaida geboren und wurde 2018 für „Kein Wasser stillt ihren Durst“, mit dem Katara Preis für arabische Romane ausgezeichnet.

Ihre Erzählerin heißt Hayat, und ich lese hauptsächlich aus ihrer Perspektive über das Leben in dieser stark dem Klimawandel ausgesetzten Region. Hayat berichtet von ihrer Kindheit und Jugend, von ihren Mädchenträumen, die sie und ihre Freundinnen hegen. Die jungen Frauen träumen von Freiheit und Liebe, einem Entkommen aus ihrem Elternhaus, einem Entkommen aus der Enge und der Strenge einer Gesellschaft, in der Frauen keinem Wert zukommt.

Ihre Träume und Hoffnungen werden nur allzu schnell zerbrechen. Es warten Zwangsheirat, Vergewaltigungen, unermesslichen Demütigungen und der Tod. Ein Leben, das nach meiner Vorstellung nicht mit der Menschenwürde vereinbar ist.

In diesem unfreien und starren System ist keiner glücklich. Auch die Männer leiden unter der emotionalen Einsamkeit und der menschlichen Verrohung, die diese Gesellschaftstruktur ihnen abverlangt, auch wenn ihnen das selbst oft nicht bewusst ist. Abed Alsamad beschreibt gut, wie die Kinder schon in frühester Kindheit mit dem Rollenbild aufwachsen und es verinnerlichen. Entmenschlichung und Dissoziation sind die Folgen. Ein schweres Trauma, das seit Generationen weitergegeben und durch nichts gebrochen werden kann. So viel Liebe und Lebensfreude zerstört. Abed Alsamad lässt ihre Erzählerin emotionale Worte finden, die die Sehnsucht der Töchter ausdrückt:

„Bei deiner Beerdigung, Papa, werde ich dein Herz waschen und nicht deinen Körper. Bei deiner Beerdigung werde ich dich berühren, um auszuprobieren, wie es ist, wenn die Tochter die Hand ihres Vaters berührt.“

Eindringliche Passagen

Abed Alsamads Roman ist eindringlich, sie wählt den ungestillten Durst als roten Faden, der sich symbolisch durch die Geschichte Suwaidas und das Erleben der Menschen zieht.

Dieser innere wie äußere Durst nach Liebe, Anerkennung und Freiheit ist allumfassend und betrifft alle Menschen dieser Region. Er wird von der, durch Dürre, Klimawandel und politischer Instabilität verursachten Not weiter angefacht.

In die Lebensgeschichte Hayats webt Najat Abed Alsamad die Geschichten vieler weiterer Schicksale ihrer Freundinnen und Familie mit ein und mischt sie mit überlieferten und traditionellen Erzählungen der syrischen Provinz und geben so eine starken Einblick in das Leben in dieser Region.

„Kein Wasser stillt ihren Durst“ war für mich eine schwierige und sehr niederdrückende Lektüre. Ich empfand sie aber als horizonterweiternd und als hilfreich für mein Verständnis für dieses Land. 

Kein Wasser stillt ihren Durst Najat Abed Alsamad Klappentext

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