Auf diesen Roman freue ich mich schon sehr lange. Seit ich „Mama“ von Jessica Lind gelesen hatte, wünsche ich mir neuen Lesestoff von dieser faszinierenden Autorin. Nach drei Jahren ist es jetzt soweit und ich halte „Kleine Monster“ in meinen Händen.
Und wieder beschreibt Lind die vielschichtigen, komplexen und widersprüchlichen Gefühle, die mit Mutterschaft verbunden sind, für mich gleichzeitig schmerzhaft und befreiend. Schmerzhaft, weil die Gefühle der Schuld und der Fehlbarkeit, die untrennbar mit Mutterschaft verbunden zu sein scheinen, in Linds Roman Ausdruck finden. Befreiend, weil ich mich in meiner eigenen Fehlbarkeit und in meinen Versuchen, meine Kinder bestmöglich zu lieben, gesehen fühle.
Linds Protagonsitin und Ich-Erzählerin Pia, ist Mutter von einem kleinen Jungen und war gleichzeitig auch ein Kind, das seine Schwester durch einen Unfall verloren hat.
Die Traumatisierung durch den Tod das kleinen Kindes hat Pia und ihre Familie sehr geprägt und beeinflusst jetzt auch ihre eigene Mutterschaft.
An der Schule von Pias Sohn Luca gibt es einen Vorfall, bei dem dem siebenjährigen Jungen vorgeworfen wird, übergriffig geworden zu sein. Für Lucas Vater Jakob, der seinen sensiblen Sohn zu kennen glaubt, nur eine unbegründete Verdächtigung und ein unbedeutender Zwischenfall, dem er keine weitere Bedeutung beimisst.
Pia glaubt ihren Sohn besser zu kennen und weiß genau, dass auch Kinder schon in der Lage sind, böse und gemein zu handeln.
Als sie dann später auch noch beobachtet, wie Luca emotionslos ein Tier quält und tötet, wird sie in ihrem Verdacht noch verstärkt…
Wie gut kennst du dein Kind wirklich?
In den Gedanken der Erzählerin vermischen sich immer mehr die Gefühle aus der Zeit nach dem Tod ihrer Schwester mit den Gefühlen für ihren Sohn. Damals beobachtete sie genau die Reaktion ihrer anderen Schwester und schon damals beschlich sie ein fruchtbarer Verdacht bezüglich des Unfallhergangs…
Ich mag die unglaublich komplexe Schilderung der Geschichte und der Gefühlswelt von Linds Erzählerin. Die ganze Ambivalenz von Mutterliebe steckt in diesem Roman
“Und doch beginnt die Geschichte mit Liebe. Ich bin mir jetzt ganz sicher, wo sie beginnt.”
“Und dann kommt das Leben.”
Grundsätzlich schreibt Lind auf sehr hohem literarischen Niveau. Ihr neuer Roman „Kleine Monster“ war für mich allerdings wesentlich leichter zugänglich als der etwas abstraktere Vorgänger und gefiel mir dadurch fast noch besser. Natürlich fällt mir auf, dass der Wald auch im neuen Roman von Lind wieder eine große Rollen spielt, wenn auch diesmal vielleicht als Nebenfigur und nicht als alles verschlingender Hauptdarsteller wie in „Mama“.
„Kleine Monster“ war für mich wieder ein packender, unterhaltsamer und äußerst komplexer Roman dieser großartigen Schriftstellerin, der auf jeden Fall in meinem ewigen Bücherregal neben „Mama“ bleiben wird!
Jetzt frisch erschienen bei Hanser Berlin. Danke und viel Erfolg an Jessica Lind für diesen Roman!
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