Von Incels bis Pick Up Artists. Die Wahrheit über extreme Misogynie und wie sie uns alle betrifft
Für das Buch „Männer, die Frauen hassen“ würde ich mir viele unvoreingenommene Leser*innen wünschen. Doch ich denke, dass es wie so oft, bei den sowieso bereits themensensiblen Leser:innen landen wird, so wie bei mir. Denn eigentlich bräuchte ich keine zusätzliche Aufklärung über das Vorhandensein von extremer Misogynie und deren Gefahren. Sie ist mir leider nur allzu bewusst. Ich sehe sie jeden Tag in den berichterstattenden Medien, sie begegnet mir im Alltag, im Berufsleben und in meiner Funktion als Elternteil.
Dennoch war es eine Art entlastende Wohltat in Laura Bates Buch, die von mir nur erahnten und vermuteten Sachverhalte wissenschaftlich fundiert und mit Zahlen untermauert zu lesen. Bates taucht in „Männer, die Frauen hassen“ tief in die (oft virtuelle) Mannosphäre ein und zeigt eine erschreckende Parallelwelt voller Hass, Selbsthass und menschlicher Verrohung.
Bates erklärt in ihrem Buch sehr detailliert, welche Gruppierungen und welche Entwicklungsgeschichten von frauenfeindlichen und frauenhassenden Strömungen es gibt, und wie die Mitglieder und Sympathisanten miteinander (digital) vernetzt sind. Sie weißt sehr explizit auf die Gefahren hin, die die Anziehungskraft solcher Gruppierungen auf sehr junge Männer und Jugendliche haben kann.
Düstere Zukunftsaussichten
Auch dass Misogynie und entsprechende gesellschaftliche Gruppen wie Incels und Co meist als Randerscheinung und in den Medien und in der Öffentlichkeit als nicht weiter erwähnenswert gelten, ist laut Bates eine verpasst Chance zur Gestaltung unserer gesellschaftlichen Zukunft.
Das sehe ich genauso.
Bates bezieht sich zwar auf den englischsprachigen Raum, ich beobachte in der deutschen Medienlandschaft allerdings das Gleiche. Eine misogyn motivierte Gewalttat wird selten als solche thematisiert, sondern gilt als individuelle Einstellung des Täters. Selbst frauenhassende Manifeste werden, anders als rassistisch oder religiösfanatische Manifeste, selten politisch als das eingeordnet was sie sind, sondern gelten als fast zufällig entstandene komische Verschrobenheit eines Einzelnen.
Potentiell gewaltbereite Extremgruppierungen wie Incels sind ohne Zweifel sehr gefährlich und viele Attentäter und Gewalttäter wurden bereits durch deren Ideologie noch weiter radikalisiert.
Und wie Bates sehr schön herausarbeitet, liegt eine weitere große Gefahr in der weit unauffälligeren großen Masse der „Männer, die nicht wissen, dass sie Frauen hassen“ und der „Männer, die Angst vor Frauen haben“. Hier können die extremen und verführerischen Ideen der Mannosphäre auf fruchtbaren Boden fallen.
Du findest eine Fülle an sehr guter weiterführender Literatur auf dem Buchmarkt wie z.b. „Backlash – die neue Gewalt gegen Frauen“ von Susanne Kaiser.
„Männer, die Frauen hassen“ erschien in der deutschen Ausgage beim super freshen, unabhängigen und feministischen Verlag & Töchter, den ich auf der Frankfurter Buchmesse 2023 kennenlernen durfte. Danke liebe Jessica für das nette Gespräch und das Rezensionsexemplar! Ich freue mich auf weitere Erscheinungen von euch!
Übersetzt von Ulla Stackmann
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