FCK, war das beklemmend! Krass, was Julia Friese da als Debütroman rausgehauen hat.
Ich hatte gewisse Erwartungen an den Roman „MTTR“ dank der Lektüre diverser Besprechungen und die sind sind definitiv erfüllt worden.
Der Inhalt lässt sich denkbar kurz und einfach zusammenfassen. Ein Paar wird schwanger und am Ende bekommen sie ein Baby. Aber wer denkt, an diesem Vorgang sei irgendetwas einfach, für den ist das Buch wahrscheinlich nicht das richtige. Oder gerade deswegen.
Ihr findet auf Bookstagram viele, viele gute Rezensionen zu dem Roman, zu Recht. Da kann und will ich gar nichts mehr hinzufügen.
Was bleibt zu sagen? Ja, mir hat das Buch außerordentlich gut gefallen und Friese leuchtet einige Punkte zu Schwangerschaft und Elternschaft grell aus. Das ist wichtig und kann nicht oft genug gesagt werden. Allerdings wird so stark ausgeleuchtet, dass die Komplexität rund um das Thema Schwangerschaft, Mutterschaft, Eltern sein, für mich etwas untergeht.
Was Theresa erlebt ist nur ein Ausschnitt aus der Gefühlswelt, die mit dem Eltern werden einhergeht. Ich gebe zu, dass es wahrscheinlich unmöglich ist, dieser Komplexität gerecht zu werden und es ist gut, sich gewisse Aspekte herauszunehmen.
Manchmal ist der Roman ganz kurz vor dem Moment in Betroffenheits-Voyeurismus abzudriften.
Weiterhin denke ich, dass Frieses Interpretationsvorschlag (internalisierte Nazi-Erziehungsmethoden aus Angst Kinder in unserer Leistungsgesellschaft zu kleinen verwöhnten Tyrannen zu erziehen) nur ein Teil dieses ganzen Themenkomplexes ist. Meiner Meinung nach trägt die tief in unserer Gesellschaft verankerte Misogynie einen weiteren großen Teil zu der im Roman geschilderten Übergriffigkeit bei. Misogynie, die Frauen nur zwei Rollen zugesteht: das zu benutzende Sexobjekt und die unsichtbare kostenlose Arbeit leistende Mutter.
„Mutter sein“ als ultimatives Schimpfwort und Antithese zum normativ gesellschaftlich wertvollen Mann. Mütter sind keine Menschen mehr, Mütter sind Bedürfnisserfüllungsmaschinen, ohne Träume und Persönlichkeit, die gesellschaftlich völlig irrelevant sind. Wer möchte sich da gerne mit identifizieren?
Generationenkonflikt und misogyne Strukturen
Friese deutet das durchaus an, bleibt aber für meinen Geschmack zu sehr am Generationenkonflikt hängen.
Sprachlich außergewöhnlich umgesetzt, hatte ich ein sehr intensives Leseerlebnis. Friese trifft genau dahin, wo es wehtut. Ein grandioser Roman!
Verlegt wurde „MTTR“ von Julia Friese vom Wallstein Verlag.
Schreibe einen Kommentar