Diesmal bin ich besser vorbereitet.
Nach ihrem ersten Roman „Gleich unter der Haut“, der mir mit der Schlagkraft einer griechischen Tragödie in den Magen boxte, rüstete ich mich emotional vor der Lektüre zweiten Romans „Und hinter mir das Nichts“ von Berthe Obermanns.
Denn Obermanns Romane sind düster, sehr düster, keine Wohlfühlbücher, sondern existenzialistische Fragestellungen.
Schon das Cover und der Titel spiegelt das grundlegende Thema wunderbar wieder.
Eine Frau am Abgrund, am sprichwörtlichen Scheideweg, und hinter ihr das Nichts.
Obermanns Protagonistin, Sara, die Ich-Erzählerin, ist Psychotherapeutin und wird durch die Nachricht, dass sich einer ihrer Patienten das Leben genommen hat, völlig aus der Bahn geworfen. Die Schuldgefühle triggern bei ihr massiv negative Gefühle, die ihre Ursache in ihrer Vergangenheit haben.
Immer mehr verdrängte Erinnerungen drängen an die Oberfläche und machen es Sara plötzlich unmöglich mit ihrem normalen angepassten Leben weiterzumachen.
„Wie schnell sich Realitäten verändern konnten – von jetzt auf gleich.“
Sie trennt sich von ihrem Freund, ihr ganzes Leben und ihr Alltag scheint ihr wie eine leere Hülle. Und nicht nur das, das ganze Leben und das ganze menschliche Dasein kommt ihr sinnlos vor. Konventionen und gesellschaftliche Normen plötzlich hohl und nicht mehr aushaltbar.
Ist das Leben sinnlos?
Sara, irgendwann völlig losgelöst von jeglichem Halt, treibt ziellos durch die Zeit auf der Suche nach Spuren und nach Sinn.
Obermanns versteht es sehr geschickt auch für mich als Leser*in dieses Gefühl von traumhafter Verlorenheit und tiefer Sinnlosigkeit zu erzeugen.
Was wahr ist und was nicht, verschwimmt. Ich und Sara können nicht mehr unterscheiden, was Realität ist, was Erinnerung ist und was nur Illusion.
Obermanns baut mit ihren vielen Andeutungen und assoziationsreichen Bildern eine unglaublich starke Spannung auf.
Welche Geheimnisse lauern in Saras Vergangenheit, was hat sie alles verdrängt, warum ist sie jetzt so verloren und wer zum Teufel ist die geheimnisvolle Nitko?
Alles steuert gerade zu gewaltsam und unvermeidbar auf die Klimax zu. Gerade im letzten Viertel zieht Obermanns das Tempo merklich an und es ist mir kaum noch möglich das Buch aus der Hand zu legen.
„Irgendwann kommt der Punkt, an dem du dich entscheiden musst.“ sagte Nitko. „Dann bleibt dir nur mehr das Auflehnen oder die Kapitulation. Du hast die Wahl, es ist deine freie Entscheidung.“
Mir gefiel Obermanns Roman sehr gut und ich muss sagen, ich bewundere den Mut einer jeden Autorin, die sich in die Tiefe solcher Abgründe wagt und es in eine solche literarische Form bringt!
Mir persönlich gefiel „Und hinter mir das Nichts“ noch besser als „Gleich unter der Haut“ und das liegt sicherlich am Schluss.
Danke an dich, liebe Nini, für das gemeinsame Lesen. Du entdeckst Aspekte und Blickwinkel, die mir verborgen bleiben und hast damit meine Leseerfahrung wieder reicher gemacht!
Vielen Dank auch an den Osburg Verlag für das prompte Erfüllen meines Wunsches nach einem Rezensionsexemplars. Und natürlich Danke an dich, liebe Berthe, dass du mich mit deinem Roman an den Rand führst und wieder zurück.

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