An das Wilde glauben von Nastassja Martin

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An das Wilde glauben Nastassja Martin Rezension

„Das Ereignis an diesem 25. August 2015 ist nicht: Irgendwo in den Bergen von Kamtschatka greift ein Bär eine französische Anthropologin an. Das Ereignis ist: Ein Bär und eine Frau begegnen sich und die Grenzen zwischen den Welten implodieren.“

Schwer verletzt und innerlich und äußerlich gezeichnet überlebt die Anthropologin die Bärenattacke. Sie hat sehr schwere Kopfverletztungen erlitten und eine lange und traumatische Odysee durch russische und französische Kliniken schließt sich an. Doch nicht nur die Heilung des Körpers ist ein langer Prozess, auch innerlich muss die Anthropologin die große Zäsur in ihrem Leben verarbeiten. 

Sobald sie wieder reisefähig ist, kehrt nach Kamschatka zurück…

Martins Text ist tief durchdrungen von intensiven Reflektionen über Mensch und Natur, über die menschliche und animistische Seele und die unterschiedlichen Lebensweisen von uns Menschen. 

Dabei wechselt Martin flüssig zwischen philosophischen und banalen Beschreibungen, ihre Schreibstil wechselt zwischen konkret und abstrakt und hat seine ganz eigene ungewöhnliche Sprache.

Einige ihrer vielen Gedanken finden Resonanz in mir, andere nicht. Zu tief bin ich in meinem trivialen Pragmatismus verankert, als das ich Martin auf jedem ihrer metaphysischen Pfade folgen kann.

Und dennoch: ihr Roman lädt mich ein, über den Horizont von Körperlichkeit und Greifbaren hinweg zu schauen. Gleichzeitig lenkt Martin den Blick ins Innere, in das Wilde in uns, das vielleicht vergraben unter Zivilisation, aber nie ganz verschwunden ist.

“Ich sage: Es gibt etwas Unsichtbares, das unsere Leben auf das Unerwartete zutreibt.”

Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer

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