„Das ist eigentlich mit der Beste“
Mit diesen Worten überreichte mir Thomas vom Verlag des kulturellen Gedächtnis dieses schmale Buch, als ich ihn nach Romanen in seinem Program fragte.
Und ich muss sagen, er ging mir nahe, dieser kurze Roman. In seiner ganzen Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit.
In „Ans Ende der Welt“ schreibt Grete Weil über die Deportation der jüdischen Familie Waterdrager in Amsterdam.
Was für die Familie zunächst nach einem recht formalen und geordneten Vorgehen aussieht, an dem sie nur durch ein ärgerliches Missverständnis teilnehmen müssen, entpuppt sich schnell als entmenschlichte Maschinerie, die unterschieds- und mitleidlos alle in tödliche Arbeitslager überführt.
Grete Weil, selbst Jüdin, erlebte die Deportationen in den Niederlande 1943 und entkam der eigenen nur, indem sie für eineinhalb Jahre in einem Haus untertauchte und sich versteckte. Ihr Ehemann Edgar wurde deportiert und im Konzentrationslager Mauthausen ermordet.
Die Geschichte der Waterdragers ist fiktiv, dient aber als Stellvertreter und literarisches Zeugniss der vielen schrecklichen Schicksale, die sich zu oft so oder ähnlich abgespielt haben.
Weil schreibt aus der Perspektive einer auktorialen Erzählerin, ich kenne also die Gedanken und Gefühle von Salomon, Henny, Annabeth und Ben und fühle mit ihnen.
Düster und entmenschlicht
Ich erleben die Desillusionierung und den Zusammenbruch vom Familienoberhaupt Salomon, der seine Familie und sich selbst nicht gegen die Demütigung und Entmenschlichung schützen kann
“Das Haus der Behütung und Würde fiel zusammen bei der ersten Berührung mit dem Scheußlichen, und sobald man nur den furchtbaren und magischen Kreis des Unmenschlichen betrat, sei es freiwillig oder gezwungen, wurde man selbst zum Unmenschen. Schrecklich und tief war der Sturz;”
Ich erlebe die aufblühende Liebe der jungen und schönen Annabeth, und ihre hoffnungsvollen Zukunftspläne, die nur einen Wimperschlag lang andauern und die, wie wir natürlich wissen, dem Untergang geweiht sind.
„Ans Ende der Welt“ ist ein sehr beklemmender und schmerzhafter Roman. Hinter seiner Kürze und seinem Schluss wird das ungeschriebene und unausgesprochene Grauen spürbar.
Keine versöhnliche Lektüre, sondern angesichts aktueller gesellschaftlicher Tendenzen eine beängstigende!
Vielen Dank an den Verlag das kulturelle Gedächtnis für dieses Rezensionsexemplar!
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