Pirkko Saisio ist in Finnland eine der bekanntesten Personen in der Kulturszene. Neben ihrer Tätigkeit als Regisseurin und Schauspielerin ist sie eine preisgekrönte Schriftstellerin.
Nach mehr als über 20 Jahren liegt jetzt ihr autofiktionaler Roman „Das rote Buch der Abschiede“ in der deutschen Übersetzung vor. Es ist überhaupt das erste Buch der Schriftstellerin, das ins Deutsche übertragen wurde.
Obwohl der Erscheinungstermin jetzt schon länger zurück liegt, liest sich Saisios Werk auf keinen Fall veraltet. Ihre poetische Sprache ist zeitlos und ist heute noch genauso aktuell.
Ich finde die gewählte Erzählform der Autofiktion und wie sie von Saisio ausgestaltet ist, sehr reizvoll. Sie wechselt zwischen Ich- und personaler Erzählperspektive. Die Erzählerin ist eine junge Erwachsene, die im Finnland der 60er und frühen 70ern Schauspielerin werden möchte und sich politisch für ihre kommunistischen Ideale aktivistische engagiert.
„Ich wollte hinein in den rot leuchtenden, an den Rändern immer weiter aufbrausenden Sturm.“
Sie hat schon früh gemerkt, dass sie Frauen liebt, allerdings ist Homosexualität zu der Zeit in Finnland (wie in sovielen anderen Ländern) noch strafbar.
Queere Liebe und Kommunismus
Saisio beschreibt die Konflikte, die die Erzählerin durch ihre sexuelle Orientierung bei ihren Eltern und in ihrem politischen und beruflichen Umfeld auslöst.
Wie kann sie sich in ein Umfeld einfügen, die sie als Person für falsch hält? Wie einen Weg finden? Liebesbeziehungen können ihr zwar Halt geben, doch der ist nicht von Dauer und endet oft in Schmerzen.
„Und ich werde Havva mit mir herumtragen wie eine Wunde, die nicht heilt, sondern nässt, Jahr um Jahr, bis ich Havva irgendwann ablegen kann und das Fleisch zurückverwandle ins Wort.“
Ich mag den Stil Saisios sehr.
Ich habe das Gefühl, ich bekommen einen tiefen Einblick in die Teile ihrer Persönlichkeit, die sie mir zeigen will. Der Stil wirkt stellenweise wie ganz natürlich geschrieben, voller alltäglichem Pragmatismus und er unterstreicht die junge Unbedarftheit und Verletzlichkeit der Erzählerin. Auf der anderen Seite ist er voller rauer reflektierter Poesie und assoziationsreichen Wortbildern.
Eine seltene und kunstreiche Kombination.
„Das rote Buch der Abschiede“ ist der Abschluss von Saisios autofiktionaler Trilogie, kann aber ohne weiteres und sehr gut als alleinstehendes Buch gelesen werden.
Vielen lieben Dank an den Klett-Cotta Verlag für das Rezensionsexemplar!
Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat
Schreibe einen Kommentar