Die Mosuo sind ein kleines chinesisches, matrilinear organisiertes Volk und nach meiner Recherche real existent. Ihre Kultur spielt eine wesentliche Rolle im neuen Roman „Die Mütter“ von Stefan Györke.
Denn hier sind Männer und Väter nur Randfiguren, die Gesellschaftt wird von den Frauen dominiert und definiert. Die stärksten Bande gibt es unter Schwestern, die in gemeinsam in Familienbünden leben und die Kinder großziehen.
Györke transfereriert in „Die Mütter“ ein solches unkonventionelles Familienkonstrukt direkt ins wohlsituierte Schweizer Bürgertum. Drei Schwestern werden von einer chinesischen Nanny aus dem Volk der Mosuo großgezogen und leben später selbst in einer Lebensgemeinschaft nur aus Schwestern.
Sie bekommen Kinder von verschiedenen Männer, die aber sonst keine weitere Rolle im Leben der Frauen spielen.
Die Töchter können sich am Lebensmodel der Mütter orientieren, aber was wird aus den Söhnen? Wo finden sie Orientierung und Vorbilder?
Ich lese die Geschichte im Wechsel aus der Ich-Erzähler Perspektive von Anton, ein Sohn der Mütter, und aus auktorialler Perspektive. Das bringt Spannung und Abwechslung in den Roman und lässt mich locker über die Seiten fliegen. Ich lese ihn sehr gerne und verfolge sehr interessiert die Konsequenzen dieser ungewöhnlichen Lebensform, die auch auf mich einen großen Reiz ausübt.
„Ein generationenübergreifender, unkonventioneller Liebesroman“ blurbt Dirk Fuhrig vom Deutschlandfunk auf dem Klappentext und dem stimme ich zu.
Doch wie und wo Liebe entsteht und wie es mit dem Lebensmodel der Mütter und Schwestern (und dem Bruder) weitergeht, das empfehle ich euch selbst heraus zu finden.
Manchmal mäanderte mir die Handlung ein bißchen zu undefiniert, hier wären weniger, dafür stärker definierte Erzählthemen besser gewesen. So verwischt mir der Fokus und bleibt oben auf Unterhaltungslevel hängen. In der Story wäre noch mehr gesellschaftshinterfragendes Potential gewesen. Auch für die Figurenzeichnung hätte ich mir ein wenig mehr psychologische Ergründung gewünscht.
Oh ja, aber was für einen zufrieden stellenden Schluss Györke nach einigen unerwarteten Handlungskapriolen noch liefert.
Finde ich schon sehr nice…und auch empfehlenswert, falls ihr euch für unkonventionelle Familienformen oder auch einfach nur für einen guten Roman interessiert!
Vielen Dank Steidl Verlag für dieses Rezensionsexemplar! Der schimmernde Leineneinband mit dem tollen Cover ist wirklich ein Glanzstück!
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