Mit „Die Überlebenden“ wende ich mich nach „Verbrenn all meine Briefe“ und „Endstation Malma“ endlich dem Debütroman des schwedischen Autors Alex Schulman zu.

🟠 Bereits in meiner letzten Rezension zu “Endstation Malma” nannte ich Schulman einen Meister des emotionalen Thrills. Das hat er bereits in „Die Überlebenden“ in absoluter Perfektion gezeigt.

Auch die Romankonstruktion korrespondiert und harmoniert wieder in selten gelesener Vollendung mit der emotionalen Entwicklung der Erzählung.

Viele von euch kennen den Roman bereits, deswegen halte ich mit der Inhaltsbeschreibung kurz. Wie der Titel bereits andeutet, geht es um drei erwachsene Brüder, die die emotionale Hölle ihrer Kindheit und ihrer Herkunftsfamilie überlebt haben. 

Alle mit Beschädigungen.

🟠 Die Verbindung der Brüder untereinander hat durch die ständigen Kampf um die Liebe und Aufmerksamkeit ihrer Eltern sehr gelitten. Die Verletzungen aus der Kindheit hallen lange nach.

Vor allem die schwierige Beziehung zur Mutter mit ihrer emotional distanzierten und unberechenbaren Art hat die Geschwister geprägt.

Jetzt ist die Mutter tot und fordert in ihrem letzten Brief eine Aussprache unter den Brüdern.

🟠 Aber ist es überhaupt möglich, diese lange Sprachlosigkeit zu durchbrechen? Die individuellen Erinnerungen der Brüder an ihre Kindheit klaffen auseinander und sind nicht deckungsgleich.

Was hat diese Familie so schwer belastet? Welche unausgesprochenen Geheimnisse tragen die Brüder in sich verborgen? War es nur das narzistische Verhalten der Mutter, das die Brüder oft gegeneinander ausgespielt hat? 

Rätsel in der Vergangenheit

Und wie so oft bei Schulman sind die familiären Beziehungen voller ambivalenter Gefühle. Erinnerungen an Verletzungen mischen sich mit Erinnerungen an schöne Momente.

🟠 Auch in „Die Überlebenden“ verwendetet Schulman kleine, furchtbare Szenen, um die innere Situation und die Not seiner Figuren zu unterstreichen. Und die ich nicht so schnell vergessen werde.

Und die immer wiederkehrenden Symbole der Beklemmung und der Sehnsucht, wie ein in eine Zeitkapsel geschlossener Strauß aus Butterblumen, die mir zu Herzen gehen und die typisch sind für Schulmans Romane.

🟠 Ganz großes emotionales Kino und eine wirkliche Empfehlung für dich, wenn du noch keinen Roman von Schulman gelesen oder gehört hast!

Nebenbemerkung: Unter den drei Büchern, die ich von Schulman gelesen und besprochen habe, sticht für mich „Verbrenn all meine Briefe“ besonders heraus. Ich fand es durch den autobiografischen Bezug noch mal intensiver und nahbarer.

Wunderbar gelesen vom Schauspieler und Sprecher Fabian Busch, produziert von Der Audioverlag.

Das Hardcover auf deutsch erschien 2021 beim dtv Verlag.

Aus dem Schwedischen von Hanna Granz