„Hinter der einen Trauer verbirgt sich immer eine andere. Es ist endlos“
Und doch bleibt die Hoffnung. Die Erkenntnis der Vergangenheit und der eigenen Herkunftsgeschichte birgt die Möglichkeit zur Veränderung. Die Möglichkeit den Kreislauf aus Wut, Hass und Verletzungen zu beenden.
So einlässt uns Schulman in seinem Epilog von „Verbrenn all meine Briefe“ nach einer emotionalen Reise in die Vergangenheit.
Dieses Buch taucht aktuell gefühlt überall auf und wird meist sehr gut besprochen. Dem kann ich mich anschließen.
Schulman nimmt uns auf verschiedenen Zeitebenen mit in seine und die Vergangenheit seiner Großeltern. In einer Art Spurensuchen möchte er seinem eigenen dysfunktionalen Umgang mit seinen Mitmenschen und den Ursachen seiner schon lange bestehenden Wut auf den Grund kommen.
Er vermutete den Beginn der zerstörten Beziehungen in der Familie seiner Mutter bei seinem Großvater, den er eigentlich nur in Form von lustigen Anekdoten in Erinnerung hat.
Bei näherer Untersuchung von Manuskripten, Briefen und Befragungen seiner Familienmitglieder wird ihm schnell klar, dass sein Großvater sein Umfeld, allen voran seine Frau und Kinder, zeitlebens gedemütigt und mit sadistischer Freude kleingehalten hat.
Seine Großmutter Karin hat er als devote, ängstliche Frau in Erinnerung, die in ihrer kalten, lieblosen Ehe zu Schweigen erstarrt ist.
Spannende Spurensuche
Wie ist es soweit gekommen?
Schulman schafft mit Briefen und fiktionalen Episoden einen unglaublich fesselnden Spannungsbogen, in dessen Zentrum er die unerfüllte Liebe zwischen der jungen Karin und dem jungen Schriftsteller Olof Lagercrantz stellt.
Karins Geschichte hat mich intensiv gerührt. Mir wurde mir beim Gedanken an die Demütigungen und den Verrat, den sie ertragen muss, die Brust ganz eng.
Niemals macht Schulman in seinem Roman das ganz große moralische Faß auf, er bleibt immer ganz konkret bei seinen Figuren. Das lässt die Distanz schwinden und die Erzählung wird unglaublich lebendig und nah.
Am meisten berührt hat mich der Epilog, in dem Schulman wieder ganz bei sich ist und uns mit einer Handreichung hoffnungsvoll aus seiner Geschichte entlässt.
Ich mochte das Hörbuch zu „Verbrenn all meine Briefe“ wirklich sehr und es hat mich emotional ziemlich mitgenommen.
Aus dem Schwedischen von Hanna Granz
Hörbuchlesung mit Fabian Busch.
Kleiner Sidefact: Olof Lagercrantz ist tatsächlich der Vater von David Lagercrantz, den wir von den Millenium Büchern kennen.
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