Große Lieben von Katharina Hartwell

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Große Lieben Katharina Hartwell Rezension

Ich hatte vor dem Roman „Große Lieben“ noch nie von der Schriftstellerin Katharina Hartwell gehört. Aber das hat ja einfach mal auf Grund meiner rund 10-jährigen literarischen Lesepause gar nichts zu sagen.

Nach dem Lesen des Romans und der anschließenden Recherche weiß ich allerdings, dass meine Unkenntniss nicht unbedingt an der Lesepause lag, sondern an dem Genre, in dem Hartwell bisher veröffentlicht hatte.

Hartwell hatte großen Erfolg mit der dreiteiligen Fantasy-Reihe für Jugendliche „Die Silbermeer-Saga“.

Bei „Große Lieben“ sprach mich neben einem vielversprechenden Blurb von Isabella Lehn auf dem Klappentext folgende Pressestimme aus der Vorschau an:

Mit Lakonie und viel Witz erzählt Katharina Hartwell davon, was es heißt, als Mädchen aufzuwachsen, über Identitätsfindung, patriarchale Strukturen und die schwierige Balance zwischen Selbstverwirklichung und Mutterschaft.“

Also eigentlich ein Roman thematisch ganz nach meinem Geschmack und für Erwachsene.

Leider war der Roman letztendlich gar nicht nach meinem Geschmack und ich kann mir als Fazit nicht mehr als ein „ganz nett“ abringen. Aber eigentlich bin ich genervt, wegen der verlorenen Lesezeit.

Keine Große Lieben bei mir

Hartwell lässt ihre Protagonistin Maren durchweg aus der Ich-Perspektive erzählen und gliedert ihren Roman in drei Teile: im ersten Abschnitt sind Maren und ihre beste Freundin Inga 13, später dann 23 und im letzten Abschnitt dann 33 Jahre alt.

An sich ein spannender Aufbau, weil ich so die Entwicklungen der Freundinnen und der Freundschaft mitverfolgen kann. Sofern es denn welche gäbe.

Denn gefühlt verändert sich die Ich-Erzählerin gar nicht. Ihre Erzählstimme klingt als Jungendliche wie eine Jugendliche. Okay, das ist natürlich soweit logisch. 

Hartwell beschränkt sich in diesem umfangreichen Teil auf die Aneinanderreihung von kleineren Anekdoten aus Marens Leben, die meistens mit ihrer besten Freundin Inga verbunden sind und mit ihren unterschiedlichen Elternhäusern. Während Marens Familie zur  Mittelschicht gehört, haben Ingas Eltern weitaus mehr Geld. Die Mädchen lernen sich beim Tennis kennen und ich verstehe bis zum Schluss nicht, was die Freundschaft der beiden ausmacht. Ich hätte mich eigentlich auch für Ingas Perspektive interessiert.

Auch als 23-jährige klingt die Erzählstimme unverändert wie die einer unbedarften Jugendlichen, obwohl sie jetzt Judith Butler und sehr viel feministische und sonstige Literatur liest und auch selbst schreibt. Dabei klingen die Beschreibungen ihrer Geschichten, wie etwas, das sie selbst nicht ernstnehmen kann und wie etwas das ihr ganz zufällig passiert. Genauso wie das Judith Butler lesen.

Ich fürchte die Erzählerin erinnert mich Elif Batumans Selin aus „Entweder Oder“, meinem Leseflopp des Jahres 2023.

Bei den mittlerweile 33-jährigen Frauen bekommt die Freundschaft starke Risse, als sich ihre Lebenswege zu sehr voneinander entfernen. Während Maren versucht als Schriftstellerin Fuß zu fassen….wird eigentlich gar nicht erwähnt was Inga beruflich macht, oder nur so dezent, dass ich es überlesen habe. Dann wird Maren auch noch überraschend schwanger, was sich eigentlich Inga schon länger sehnlichst wünscht…

verschenktes Potential…

Gerade im letzten Teil hätte ich großes Potential gesehen, dem obigen Pressezitat gerecht zu werden, aber nach meiner Lesart verpufft jeder tendenziell gesellschaftskritische und/oder feministische Gedankengang bereits im Ansatz. Dabei beschreibt Hartwell immer wieder auch kleine Szenen, in denen Maren Übergriffigkeit und Sexismus erlebt, oder Ingas Freund sich toxisch verhält. Sie schwächt solche Situation aber immer gleich mit Marens patentem Humor und Pragmatismus ab und lässt sie beispielsweise lieber darüber nachdenken wie „komisch“ die Paella ist („eine Paella voll glubschiger kleiner Leiber und Tentakel“). 

Es liegt aber definitiv auch im Bereich des Möglichen, dass diese Gesellschaftskritik für mich zu subtil und zu gut versteckt war, als dass ich sie noch hätte wahrnehmen können und du den Roman ganz anders wahrnimmst.

Denn „Große Lieben“ ist ein leicht zu lesender, humorvoller Schmöker, der mit der Beschreibung einer Freundinnenschaft über zwei Jahrzehnte und vielen Erinnerungen an eine Teenagerzeit während der 90er zu unterhalten weiß. 

Mich aber halt eben nicht.

Hast du schon reingelesen? Ich freue mich über weitere Leseeindrücke!

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