Schau dir dieses wunderschöne Cover von „Love me tender“ an! Es zeigt die Autorin Debré selbst und in ihrem Blick liegt soviel von dem, was sie in ihrem Roman beschreibt. Er ist autofiktional und sehr persönlich und intim.
Debré hat früher, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete, erfolgreich als Anwältin gearbeitet und war 20 Jahre mit ihrem Mann verheiratet, der der Vater ihres Sohnes ist.
In „Love me tender“ verarbeitet sie ihr Leben, nachdem ihr die Ehe und der Alltag zu eng geworden sind und sie die Familie verlassen hat. Sie lässt sich scheiden und kündigt ihren Job. Sie rasiert sich die Haare ab und lebt offen ihre Homosexualität aus.
„Anfangs wollte ich, dass alles reibungslos läuft, jetzt habe ich verstanden, dass ich niemandem etwas schulde.“
Sie führt ein Leben, wie man es auch heute noch hauptsächlich nur Männern zugesteht: unabhängig, auf sich selbst fokussiert, mit großem sexuellem Hunger und Verschleiß.
Kompromisslos selbstbestimmt!
Ihr Ex-Mann Laurent entzieht ihr das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn Paul. Debré beschreibt in „Love me tender“ mit ernüchternden Worten ihren Kampf, die Verbindung zu ihrem Sohn nicht abreißen zu lassen. Doch Vorverurteilung, die langsame französische Justiz und ihr Ex-Mann arbeiten gegen sie.
Für ihren Lebensstil zahlt sie einen hohen Preis.
„Ich werde bezahlen, keine Frage, no problemo, bezahlt wird immer.“
Ich sehe in der Erzählerin aus „Love me tender“ eine unglaublich kompromisslose und starke Frau, die nicht zurücksteckt, die sich nicht brechen lässt. Die ihre Verletzungen zeigt, ohne Mitleid zu erwarten, da sie selbst ihren Weg gewählt hat. Als Leser*in kann nachfühlen, wie der Kampf um die Liebe und die Zeit ihres Sohnes sie zermürbt, wie er sie emotional auslaugt.
„Ich sage ihr, Kinder sind die Härte, wie eine tödliche Wunde, schlimmer als der Tod der Eltern oder eine kaputte Beziehung, sie hat gut daran getan, keine Mutter zu werden.“
Ich liebe Debrés intensiven Text, die Ehrlichkeit mit der sie ihren Alltag beschreibt. Ihre Hilflosigkeit angesichts der Macht anderer über die Zeit mit ihrem Sohn. Ich liebe es, von ihrem unkonventionellen und selbstbestimmten Leben zu lesen. Und wünsche mir, dass sie sich nie beugen wird.
Starke und kompromisslose Literatur! Lesen!
Ein großes Dankeschön an den Matthes und Seitz Berlin Verlag für das Rezensionsexemplar. Und an Constance Debré für diesen absolut entwaffnenden Roman!
Aus dem Französischen von Max Henninger
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