„Mein Name ist Estela“ hat mich überrascht! Die Spannung, der Aufbau, die Emotionen und die darin enthaltene Anklage.
Eigentlich hätten mich die vielversprechenden Blurbs schon auf diesen großartigen Roman einstimmen können, aber gut, werbewirksame Blurbs gibt es zu Hauf, dachte ich.
„Mein Name ist Estela“ ist in Form eines Berichtes geschrieben. Eine Beichte, die direkt an die Zuhörer*innen gerichtet ist, wer auch immer das ist.
„Ich habe getötet, das stimmt. Ich verspreche, dass ich Sie nicht anlügen werde.“
Gleich zu Anfang ist klar, dass ein Mädchen gestorben ist. Es ist die siebenjährige Tochter der Familie, in der Estela als Hausmädchen angestellt ist. Wenn ich schreibe Hausmädchen, dann meine ich damit eigentlich eine Sklavin. Denn in vielen Ländern Lateinamerikas sind die Arbeitsbedingungen für Hausangestellte nicht gesetzlich geregelt. Da die Klassenunterschiede sind groß und kaum zu überwinden sind, ist Ausbeutung vorprogrammiert und alltäglich.
Auch Estela ist arm und provinziell aufgewachsen, und verdingt sich als Angestellte einer mittelständischen Familie als Mädchen für alles. Hauptsächlich ist sie für die Betreuung der neugeborenen Tochter des Ehepaares zuständig. Als einzigen Rückzugsort hat sie ein kleines Zimmer hinter der Küche. In ihr Heimatdorf zu ihrer eigenen Mutter und ihrer Familie, der sie Geld schickt, wird sie nie mehr fahren.
Estela erzählt in ihrer Lebensbeichte vom Leben in dieser Familie, in der niemand glücklich ist. Die Eltern arbeiten viel und haben hohe Leistungsansprüche an ihre Tochter. Jeder ist einsam, eine wirkliche Kommunkation findet nicht statt.
Estela ist die Hauptbezugsperson für das heranwachsende Mädchen, aber je älter es wird, desto mehr übernimmt es gegenüber Estela die herablassend und demütigende Einstellung ihrer Eltern.
Kleine Lichtblicke in Estelas Leben sind die Telefonate mit ihrer Mutter und ein kleines Hündchen, dass ihr manchmal Gesellschaft leistet.
Der Aufbau und Schreibstil von Zeráns Roman ist sehr fesselnd, denn es wird immer wieder angedeutet, dass es Tote geben wird, wie es jedoch genau dazu kommt, wird erst ganz zum Schluss aufgelöst.
„Meine Name ist Estela“ ist die laute Anklage einer Frau, die nicht gegen die Ungerechtigkeit, die schlechte Behandlung und das Klassensystem ankommen kann. Die versucht, ihre Würde und ihre Menschlichkeit zu behalten, und dafür einen Preis zahlen muss.
„Was eine Tragödie ausmacht, sagte die Frau, ist, dass wir immer wissen, wie sie endet.“
Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung für diesen mitreißenden, spannenden und aufwühlenden Roman!
Vielen lieben Dank an Hanser Berlin von den Hanser Literatur Verlagen für dieses aufregende Rezensionsexemplar!
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