Schon lange steht der österreichische Indieverlag Kremayr & Scheriau mit seinem feministischen Verlagsprogramm ganz weit oben auf meiner Lieblingsliste.
Auch „Monstrosa“ von der in Prag geborenen Autorin Rhea Krčmářová war für mich wieder ein außergewöhnliches und gutes Buch, wenn auch vielleicht kein Highlight.
„Schauerroman meets Body Horror“
Die Opernsängerin Isabella sollte eigentlich am Höhepunkt ihrer Karriere sein, aber ihr Übergewicht verhindert den großen Durchbruch. Die Opernwelt lebt vom schönen Schein und ein zu großer Körperumfang wird vor allem bei Frauen, die auf und neben der Bühne zum Objekt der Begierde reduziert werden, nicht gerne gesehen.
Isabellas Mentorin will die Reißleine ziehen und meldet sie in einer Klinik für Essstörungen an. Dort soll Isabella, die seit ihrer Kindheit mit verschiedenen Diäten und dem JoJo Effekt laboriert, ihr Essverhalten vor dem nächsten Auftritt in den Griff bekommen.
Was aber nur Isabella weiß: in ihr lebt ein hungriges Monster, das sie mit Essen ruhig halten will.
In der Klinik sind hauptsächlich anorektische und bulimische Patient*innen, die der mehrgewichtigen Isabella mit blanken Hass und Ablehnung begegnen.
Doch nicht nur Isabella kämpft mit ihrem Dämon, auch die anderen Essstörungen sind ein äußerer Außdruck ihrer inneren Monster.
Die Verwandlung
Als die stärksten Passagen empfinde ich tatsächlich die Monsterpassagen am Höhepunkt der Handlung. Hier akummulieren sich vergrabene Sehnsüchtige, Hass, Liebe, Hunger in ursprünglichster Form und in der einfachen, starken Sprache des Monsters. Erinnert mich sehr stark an Megan Hunters „Die Harpyie“.
Stilistisch sind diese Monster Szenen und Gedanken äußerst fesselnd ausgearbeitet und Krčmářová setzt sie im starken Kontrast zu den klaren Gedanken der menschlichen Isabella.
Ein gruseliges und unterhaltsames Lesevergnügen, das nur manchmal etwas überladen ist.
Als tiefenpsychologische Analyse von Esstörungen funktioniert „Monstrosa“ für mich nicht, aber als ungewöhnlicher und spannender Schauerroman mit gesellschaftskritischen Anklängen wirklich sehr gut.
Auf der Krčmářovás Webseite findest Du den passenden Soundtrack in Form einer YouTube Playlist, in der es unter anderem einige Opern Schmuckstücke zu entdecken gibt.
Vielen herzlichen Dank an Kremayr & Scheriau und Buch Contact für das Rezensionsexemplar mit dem wunderschönen und samtigen Cover! Und natürlich an Rhea Krčmářová für den Roman!
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