🔴 Zorn – heftiger, leidenschaftlicher Unwille über etwas als Unrecht Empfundenes.
Der Titel „Salomés Zorn“ ist gut gewählt, den der Zorn ist das vorherrschende Gefühl in Salomés jungen Leben. Ihre unkontrollierbare Wut das Resultat ihres Zorns.
Es ist nicht nur dieser unbändige Zorn, den die niederländische Autorin Simone Atangana Bekono hier beschreibt. Vielmehr schafft sie ein komplexes Portärt eines Mädchens, das struggelt und völlig lost nach Orientierung sucht. Bekono beschreibt Salomés Identitätskrise und ihre Frage nach dem richtigen Leben.
Wie mit Rassismus im Alltag umgehen?
🔴 Vor allem aber beschreibt Bekono den offenen Rassismus unter Gleichaltrigen, und den versteckteren, aber tolerierten Rassismus unter Erwachsenen und in den Medien, den Salomé jeden Tag erleben muss. Simone Atangana Bekono stellt die Frage, wie man in einer Gesellschaft leben kann, in der es nur einen schmalen normativen Grad gibt, und in der jede Form von Abweichung mit Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung geahndet wird. In der man jeden Tag mehr oder weniger subtil erleben muss, dass man als anders wahrgenommen wird.
„Wie wandelt man etwas Destruktives in etwas Produktives?“
🔴 Salomés Familie kann ihr keine Antwort auf diese Fragen geben. Ihr Vater, der selbst durch Diskriminierungserfahrungen gezeichnet ist, kennt nur die Gewalt als Ausweg.
Salomé wird so lange gemobbt, bis sie zurückschlägt. Mit bleibenden Folgen.
🔴 Bekono hat hier einen starken Debütroman vorgelegt, der mir sehr gefallen hat. Der Einstieg in den modernen Schreibstil hat ein paar Seiten gedauert. Ich hatte das Gefühl, je weiter ich las, desto stärker und assoziativer wird der Text. Immer mehr gelingt es Bekono, mich ganz tief in Salomés Gedanken zu schleusen. Ihre Verwirrung und Orientierungslosigkeit wird für mich greifbar.
Im Kern von Salomés Zorn steckt der uns alle einende Wunsch nach Sichtbarkeit in unserer Individualität.
🔴 Ihr Aufenthalt in der Jugendstrafanstalt und die Zeit zum Nachdenken verändert Salomé aber doch. Sie realisiert, dass Ereignisse und Taten in der Vergangenheit zwar erklärt aber nicht geändert werden können. Nur im Jetzt hat sie Kontrolle und kann zukünftige Ereignisse beeinflussen.
„Ich muss runter von diesem Weg und einen anderen einschlagen. Bevor das Zeitfenster geschlossen ist.“
Bringt diese Erkenntnis den Schlüssel zur Vergebung für sich selbst und anderen?
Bekono lässt diese Frage am Ende offen.
Aus dem Niederländischen von #irawilhelm
Danke an Lovelybooks und C.H.Beck, dass ich an der Leserunde teilnehmen durfte.
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