TREMOR von Teju Cole

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Tremor Teju Cole Rezension

Ich muss „Tremor“ erst eine Weile wirken lasen, bevor ich mir eine Meinung bilden kann. Das ist ungewöhnlich für mich, normalerweise weiß ich sofort, ob ich den Roman mochte oder eben nicht.

Ich weiß, ich mochte „Tremor“, aber ich habe das nicht so angenehme Gefühl, ich habe nur an der Oberfläche dieses vielschichtigen Romans gekratzt.

Denn wie die Spiralen auf dem Cover andeuten, ist die Konstruktion des Textes in sich verschlungen, zieht Schleifen, um am Ende nach einem Streifzug durch die Themen unserer Gegenwart und unseres Menschseins wieder am Ausgangspunkt anzukommen.

Tiefgründig, philosophisch und komplex

Coles Ausführungen zu dem Thema sind äußerst differenziert, niemals vereinfachend und nehmen mich als Lesende ernst.

„Es gibt jene, die andere versklaven, und es gibt jene, die von anderen versklavt werden. Aber es gibt keine Person, deren Wesen oder wahre Beschreibung Sklave ist. Menschen können versklavt werden, in dem lebendigen Tod der Sklaverei gefangen sein. Doch das beschreibt nicht, wer sie sind. Es ist etwas Unerträgliches, das ihnen widerfährt oder widerfuhr.” 

Cole zieht ein weiter Schlaufe und weitet seine philosophischen Reflektionen auf das Menschsein im Universellen aus.

Ich kann seinen Ausschweifungen über Film, Kunst und vor allem Musik und deren tieferen kulturellen und politischen Zusammenhänge mangels Kenntnis nicht immer folgen und so ziehen sich einige Passagen für mich in die Länge.

Beim letztendlichen Zirkelschluss über die Relation von menschlichem Leid und die Unberechenbarkeit unseres Daseins kann ich mich wieder einklinken und schließe mich seinen philosophischen Gedankengänge gerne an.

“Das Leben ist nicht nur schrecklicher, als wir ahnen, es ist auch schrecklicher, als wir es ahnen können. Wäre uns wirklich bewusst, wie viele Schiffswracks am Meeresgrund liegen, wir würden niemals wieder unsere Boote besteigen und hinausfahren.”

„Tremor“ war für mich ein äußerst tiefgründiger und exquisit konstruierter Roman, von dessen hochwertiger und philosophischer Qualität ich eine kleine Ahnung bekommen habe, die mir in seiner Gänze aber nicht vollkommen greifbar war.

  • Teju Cole
  • Tremor Klappentext

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