Das ist die Rezension zum dritten Teil des Romanzyklus „Über die Berechnung des Rauminhalts III“ und kann logischerweise Spoiler, die vorausgegangenen Bände betreffend, enthalten.
Für alle noch nicht Balle-Infizierten: in der auf mehrere Bände ausgelegten Romanserie lernte ich in den vorausgegangene Bänden I und II Tara Selter kennen, eine Frau, die feststellt, dass sich für sie ein und der selbe Tag, der 18. November, immer wieder wiederholt. Alle anderen Menschen, wie beispielsweise ihr Mann Thomas, sind nicht in der Zeitschleife gefangen.
Nach dem kleinen Cliffhanger aus Teil II, der damit endet, dass die Protagonistin Tara auf einen weiteren Zeitschleifeerlebenden trifft, war ich mega auf die Fortsetzung gespannt. Es gibt einen weiteren Menschen, der im 18. November festhängt?
Bis zu Band III kreiste Tara alleine in ihrer Einsamkeit und in der Leere des sich wiederholenden Tages. Durch das Zusammentreffen mit Henry, so heißt der Mann, der ebenfalls immer wieder den 18. November erlebt, entsteht eine ganz neue Dynamik, die Taras monoperspektivisches Weltbild erweitert.
Natürlich wittere ich eine sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen den beiden. Aber Balls Werk entzieht sich den stereotypen Gesetzmäßigkeiten von Genres und überrascht mich auch im III. Teil wieder mit den Entwicklungen ihrer Geschichte.
Ich erlebe Tara in diesem Band zum ersten Mal als Teil eines Duos, später als Teil einer kleinen, bunt zusammengewürfelten Gruppe. Während Balles Fokus vorher mehr auf der Introspektion Taras lag und ihren Überlegungen, kommt jetzt die Gruppendynamik ins Spiel.
Es gibt nicht mehr nur Taras philosophischen Ansatz und Weltanschauung, sondern die anderen Zeitschleifeerlebenden gehen sehr unterschiedlich mit der Situation um und haben andere Erfahrungen und Motivationen.
ist fiktionale Literatur gleich Fantasy?
Es gefällt mir wieder unglaublich gut, wie ich in dieser rein fiktionalen Zeitschleifegeschichte die aktuellen Diskussionen und globalen Probleme wiederfinden kann.
“Aber den Großteil ihrer Zeit verbrachten die meisten damit, zu essen und zu schlafen, sich um Nahrung zu kümmern oder Probleme zu erörtern, die so groß waren, dass man sie sowieso nicht lösen konnte, oder so klein, dass sie im Grunde unwichtig waren.”
Die Gespräche und die einzelnen Meinungen haben universelles philosophisches Gehalt und lassen auch mich nachdenklich werden. Wie würde ich mich im sich wiederholenden 18. November verhalten? Würde ich mich nur um mich selber kümmern, oder versuchen die Zukunft und meine Welt zu verändern? Und wie wäre das überhaupt möglich?
Diese und andere Fragen und die verstärkte Dynamik und Action nach dem vergleichsweisen ruhigen Teil II machen den III. Teil für mich wieder richtig spannend und bietet die bekannte und geliebte literarische Unterhaltung auf höchstem Niveau.
Die neue Türe, die Balle ganz am Schluss öffnet, lässt mich auf Band IV von „Über die Berechnung des Rauminhalts“ hinfiebern. Ich bin so gespannt, wo Balle mich noch hinführen wird und welche Überraschungen am 18. November auf mich warten!
“Es fühlt sich an wie eine Geschichte, die zu Ende ist, aber dann höre ich irgendwo eine Tür aufgehen. Vielleicht hat sie ja gerade erst angefangen.”
Klar bin ich ein Fangirl und möchte dich motivieren, einen Blick auf diesen Romanzyklus zu werfen, wenn du philosophischen und raffinierten Leseerlebnissen nicht abgeneigt bist!
Und wieder gilt mein großer Dank Matthes und Seitz Berlin für die analoge Zurverfügungstellung dieses transzendenten Leseerlebnisses!
Aus dem Dänischen von Peter Urban-Halle
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