Von Melara Mvogdobo
„Hilaire Mbongo Nkomo vergewaltigte all seine Töchter in ihrer Kindheit und hinterließ, wo immer er gelebt hatte, eine Spur der seelischen Verwüstung.“
Diese fünf Töchter aus dem Roman von Melara Mvogdobo heißen Céleste, Sheshe, Lea, Marion und Séraphine, sind mittlerweile erwachsen und wohnen in der Schweiz. Nur die älteste Tochter Séraphine ist in Kamerun, dem Heimatland des Vaters geblieben, wo sie aufgewachsen ist. Bei jeder der Schwestern hat der erlebte Missbrauch Spuren hinterlassen und die Gewalt wirkt in Form von Selbstzerstörung oder Verdrängung in den Frauen weiter. Mittlerweile sind sie es selbst, die ihren Körper und Seelen Gewalt antun, denn ihr Vater hat ihren Selbstwert und ihr Selbstbild als Frauen stark geprägt und geschädigt.
Melara Mvogdobo erzählt mir in ihrem Roman aber keine Missbrauchsgeschichte. Die schrecklichen Verbrechen und des Vaters und ihre Folgen werden zwar deutlich benannt, stehen aber nicht im Vordergrund. Mvogdobo erzählt mir eine kraftvolle Emanzipationsgeschichte voller weiblicher Selbstermächtigung.
“Aus unserem tiefsten Inneren sind wir Frauen. Keine fügsamen Weibchen. Nein, mächtige Frauen. In der Lage, Leben zu geben und zu nehmen.”
Die fünf Schwester ziehen aus um ihren Vater zu ermorden und es ist eine Reise in die eigene Angst. Es wird eine klassische Held*innenfahrt um den Bösewicht zu besiegen. Die geschmiedeten Mordpläne sind der Katalysator auf dem Weg zur inneren Katharsis.
Auch ich lese die äußerst brachial und brutal geschilderten Mordphantasien aus weiblicher Feder als befreiend und tabu brechend.
Mir gefällt diese Mischung aus Gewalt und Traurigkeit und gleichzeitige diese pragmatische und makabere Komik angesichts unaussprechlicher Verletzungen und Gefühle. Ich feiere die worwörtliche Schwesternschaft, deren Bande trotz großer Unterschiede stark in den Frauen wirkt und ihre Zuversicht vervielfacht
Mvogdobo gestaltet es zudem ziemlich spannend, welcher der Mordpläne zur Anwendung kommen wird und ob und wie es zu einer Zusammenarbeit der unterschiedlichen Schwestern kommen wird. Das bringt eine unterhaltsame, schwarzhumorige Krimikomponente in dieses eigentlich ernste Thema.
Berührt hat mich im Nachwort der afroschweizer Autorin die Enstehungsgeschichte des Romans und sein langer Weg bis zur Veröffentlichung.
Langer Weg bis zur Veröffentlichung
Hier möchte ich auf den edition 8 Verlag hinweisen, ein schweizer Kleinverlag, der als Genossenschaft organisiert ist und Bücher jenseits des Mainstreams verlegt und ein absoluter #indieverlag ist.
Ja, die Schilderungen und das Thema von Mvogdobos Roman könnten krass polarisieren, sind in meinen Augen aber in der Ausarbeitung und in der Botschaft nicht moralisch fragwürdig. Sondern wertvoll und empowernd für alle Menschen die Gewalt- und Missbrauchserfahrungen gemacht haben.
Wenn euch meine Besprechung anspricht, riskiert auf jeden Fall eine Blick auf diesen außergewöhnlichen Roman und seine Autorin!
Vielen Dank liebe Melara Mvogdobo für dein Druchhaltevermögen und deinen Roman! Ich habe mich sehr über das Rezensionsexemplar und dein Vertrauen gefreut!
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