Es steht „Kriminalroman“ auf dem Cover von „Zwischen euch verschwinden“, aber wer meinen Feed ein bißchen verfolgt, weiß, dass es hier selten klassische Krimiplots mit ermittelnden Kommissar*innen gibt.
Und auch „Zwischen euch verschwinden“ ist kein Kriminalroman im klassischen Sinne. Es gibt Tote, sogar mehrere und eine mutmaßliche Täterin auf der Flucht, aber keine Ermittlungen, Detektiv*innen oder dergleichen.
„Jetzt ist die Mutter wirklich tot.“
Maria, Anfang 40, hat die bettlägerige Mutter bis zum Schluss gepflegt und jetzt ist sie gestorben. Dem Wunsch der leidenden Mutter nach aktiver Sterbehilfe ist Maria nicht nachgekommen.
Oder doch?
Jedenfalls braucht Maria, bevor sie den Arzt und die Behörden verständigt, erst mal ein bißchen Zeit für sich, um Abstand von der Situation zu gewinnen. Endlich wieder mal ein ausgedehntes Sektfrühstück im Café soll es sein.
Aus dem Frühstück wird eine betrunkene Übernachtung im Hotel einschließlich Sex mit dem Kellner.
Und danach fährt Maria einfach nicht mehr nach Hause zurück. Stattdessen will sie einfach alles hinter sich lassen. Die tote Mutter, ihr kinderloses und leeres Leben, die dörfliche Erwartungshaltung.
Flucht in die Unsichtbarkeit
Maria verschwindet einfach. Jetzt als Untergetauchte und Gesuchte ohne offizielle Papiere stehen ihr nur noch prekäre Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung: in der Gastronomie, in der Sexarbeit und vor allem in der Pflege. Maria gerät in in einen Strudel aus Ausbeutung, Erpressung und Ungerechtigkeit.
…und aus Gewalt.
Die österreichische Autorin Lerchbaum nutzt den spannungsgeladenen Plot um auf ein brennendes gesellschaftliches Thema aufmerksam zu machen. Die ausbeuterischen Bedingungen in der Pflegeindustrie und der Pflegemigration zusätzlich zu den Ungerechtigkeiten und Härten gering geschätzter Care-Arbeit. Schon der Titel des Romans ist eine Anspielung auf die Unsichtbarkeit von Arbeit und Menschen, die unsere Gesellschaft gerne ausblenden möchte und in eine Parallelgesellschaft drängt.
Die Verbindung aus unterhaltsamen Roman und sozial relevanter Themen ist Lerchbaum sehr gut gelungen, auch wenn ich die Krimihandlung insgesamt nur als solide einstufen würde.
Von daher ein Roman, der vielleicht gerade nicht die typischen Leser*innen von Kriminalromanen ansprechen könnte, sonder alle, die gerne über ernstere Themen lesen, wenn sie spannend und unterhaltsam verpackt sind.
Vielen lieben Dank an den Haymon Verlag für das Rezensionsexemplar und viel Erfolg, liebe Gudrun Lerchbaum, für den Roman!
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