„Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben.“
Jo, Rilke. Bißchen überstrapaziert, der Herbst, aber im Roman „Das leise Platzen unserer Träume“ passen diese Zeilen einfach wunderbar.
Der ganze Roman ist wunderbar. Wehmütig und tröstlich.Das kann ich wirklich gut gebrauchen. Kennt ihr nicht auch das Gefühl, wenn eure Lebensträume leise platzen?
In jedem Leben kommt wahrscheinlich der Punkt, in dem ich realisieren muss, dass sich gewisse Träume nicht mehr verwirklichen werden. Manchmal fängt es schon in der Jungend an, wenn mensch merkt, dass es jetzt nicht mehr die große Sport- oder Musikkarriere werden wird.
Doch was, wenn einem ganze Lebensentwürfe entgleiten?
Das beschreibt Eva Lohmann mit ihren Figuren ganz wunderbar. Ihre Ich-Erzählerin Ellen ist die Affäre eines verheirateten Mannes und überlegt sich, was das für seine Frau bedeutet. Jule, die Ehefrau, ist zusammen mit ihrem Mann auf Land gezogen, um sich den Traum vom idyllischen Landleben mit vielen Kindern zu erfüllen. Nicht nur das Landleben ist in der Realität nicht so traumhaft, sondern auch die Ehe der beiden stirbt einen langsamen und schleichenden Tod.
Das liegt auch am Kinderwunsch der beiden, der sich nicht mehr erfüllen wird. Ellen, die Affäre dagegen hat Zwillinge aus der vorherigen Beziehung, hat aber ihre eigenen beruflichen Struggles.
Und David, der Mann zwischen beiden Frauen? Was sucht er in der Affäre mit Hellen?
Lohmanns drei Protagonist*innen sind Anfang 40, ein Alter, in dem sich viele Türen schließen und sich nur noch wenige neue öffnen. Wie kann ein Abschied und eine Akzeptanz von verstrichenen Möglichkeiten gelingen? Mich berührte vor allem Jules geplatzte Träume, ihr geplantes Leben fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen und der Abzweig zur Bitterkeit liegt nah.
Ich finde Lohmanns Roman sehr sensibel und feinfühlig erzählt. Lohmann fängt diese Stimmung des Ausharrens in einer toten Beziehung und einem erstarrten Leben wunderbar ein. Das Festhalten an Träumen, die sich nicht mehr erfüllen werden. Wie authentisch jede*r die Geschichte empfindet, ist ganz sicher individuell. Mir sind manche Aspekte vielleicht etwas zu versöhnlich und menschlich beschönigt geschildert. Aber das empfinde ich fast als wohltuend und lindernd.
Das macht „Das leise Platzen unserer Träume“ zu einer ganz wunderbaren Spätsommerlektüre, die ich euch gerne empfehle, wenn ihr nach einer leisen aber nicht trivialen Geschichte sucht.
Sehr erfreut habe ich außerdem bei Eva Lohmnann gelesen, dass eventuell ein weiterer Roman in Planung ist. Bitte mehr davon!
Ganz lieben Dank an den Eisele Verlag und Politycki & Partner für das Rezensionsexemplar!
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