Groß war meine Freude, als in der Vorschau des Kjona Verlags nach „Unberechenbar“ den neuen Roman „Die schönere Lüge“ von Dana Spiotta entdeckte!
Jetzt weiß ich, dass es sich nicht wirklich um „den neuen Roman von Dana Spiotta“ handelte, sondern nur um „einen Roman“ von Dana Spiotta, der bereits 2016 in den USA erschienen ist, und jetzt neu auf bei uns auf Deutsch verlegt wird.
Mir gefiel „Unberechenbar“ schon recht gut, ich mochte diesen very american style Spiottas, ihre großartige Art zu erzählen. Der Plot…well, war kein Highlight.
„Die schönere Lüge“ allerdings war ein Highlight für mich. Ich liebte den ganzen Roman! Es könnte aber sein, dass mein Empfinden wirklich ein sehr individuelles ist und du denn Roman nicht zwangsläufig mögen wirst.
Denn der Plot könnte auch in diesem Roman wieder die Schwachstelle betrachtet werden.
Mich erinnert Spiotta Stil in „Die schönere Lüge“ sehr stark an Lionel Shriver, die ich erst kürzlich in meinem blog mit „Die perfekte Freundin“ vorgestellt hatte. Ich beziehe mich damit vor allem auf Spiottas und Shrivers Kreativität, die Beschäftigungen und Arbeiten ihrer Figuren derart detailliert und komplex auszuarbeiten, dass es eigenen Geschichten und Kunstwerke in sich sind.
In „Die schönere Lüge“ sind es vor allem die Filme und Projekte, mit denen sich die Freundinnen Meadow und Carrie im Laufe der Zeit beschäftigen.
Die Freundschaft der beiden Frauen und deren Entwicklung zieht sich wie ein rotes Band durch den Roman, ohne dass sie dabei zu viel Raum einnimmt.
Aber auch die Nebenfigur Jelly ist so gut ausgearbeitet, dass ich nicht mehr von einer Nebenfigur sprechen will. Ihre Geschichte ist für mich fast das Herzstück des Romans, der von einer oberflächlichen Welt in der Filmbranche erzählt, in der der male gaze der entscheidende Fokus ist.
großartige detailverliebtheit
Die Kurzbeschreibung führt meiner Meinung nach ein bißchen in die Irre, indem sie eine #metoo Geschichte andeutet und unnötig dramatisiert. Natürlich gibt es Drama, aber das ist von der subtileren und vielschichtigen Art.
Spiottas Gesellschaftskritik an unserer Lust auf Sensationen, Skandalen und Verschwörungen ist unterschwellig und manifestiert sich in ihrer Figur Meadow und ihren Filmprojekten. Der deutsche Titel „Die schönere Lüge“ deutet an, dass es sich bei einer guten unterhaltsamen Geschichte nicht unbedingt um die Wahrheit handeln muss. Und dass vielleicht jemand den Preis für die Lüge zahlen muss. Und auch der englische Titel „Innocents and others“ spielt auf diesen Subkontext an.
Formal ist der Roman in verschiedenen Erzählstilen gehalten. Spiotta mischt Zeitungsartikel und auktoriale Erzählung aus verschiedenen Perspektiven und zaubert so ein Tableau aus verschiedenen Geschichten und Blickwinkeln. Das bringt Abwechslung und auch eine gewisse Spannung.
Für mich war „Die schönere Lüge“ ein richtig großartiger Roman, der meine Lesevorliebe für american literature perfekt bedient hat und der trotz seines Erscheinungsjahres in keinster Weise nicht aktuell oder gar altmodisch gewirkt hat.
Jetzt hoffe ich und freue mich auf den nächsten, vielleicht richtig neuen Roman von Dana Spiotta!
Vielen lieben Dank an den großartigen und nachhaltig ausgerichteten kjona Verlag und Kirchner Kommunikation für das wunderschöne Rezensionsexemplar.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Miriam Mandelkow
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