Eigentlich wollte ich den Roman „Elternhaus“ von Ute Mank, trotz des Mega-Covers, an mir vorbei ziehen lassen. Der Klappentext hat mich spontan nicht besonders angesprochen. Doch dann die Leseprobe umso mehr!
Ute Mank schafft es mit ihrem wirkungsvollen Schreibstil, dass ich sofort in die Geschichte eintauchen kann und es sich ein plastisches Bild des Elternhauses der drei Schwestern Sanne, Petra und Gitti aufbaut.
Und damit meine ich nicht nur ein visuelles Bild, sondern vor allem ein Emotionales.
Die Eltern der längst erwachsenen Schwestern sind alt geworden und sollen aus dem Elternhaus in eine kleine, pflegeleichte Wohnung umziehen. So hat es Sanne, die älteste der Drei und die in nächster Nachbarschaft zu den Eltern wohnt, beschlossen. Sanne ist es auch, die regelmäßig nach den Eltern sieht und ihnen bei den Alltagsverrichtungen zur Hand geht.
Die beiden anderen, vor allem Petra, sind von dem Umzugsplänen wenig begeistert. Zuviel verbindet sie noch mit dem Elternhaus und sie können sich die Eltern in keiner anderen Umgebung vorstellen.
„Dieses schmale Haus, ein Sehnsuchtsort, an dem sich nie etwas zu ändern schien. An dem sich nichts verändern durfte, weil sie immer noch nach etwas gesucht hatte, was sie nicht hätte benennen können. Nun war dort nichts mehr zu holen und zu finden. Und die Eltern waren endgültig bedürftig geworden.“
Zwischen Sanne und Petra, die beide einen sehr unterschiedlichen Lebensweg eingeschlagen haben, entlädt sich an diesem Konflikt die schon lange gärenden Spannungen aus der Kindheit. Sanne, die Ältere, war immer die vorbildliche Tochter, die dem Lebensweg der Eltern nacheifert. Frühe Heirat, Kinder und natürlich ein eigenes Haus mit Garten.
Petra hatte den Ausweg aus der Kleinbürgerwelt gesucht und sich eine berufliche Karriere aufgebaut.
Beide Lebenswege haben ihre Schattenseiten und beide Schwestern sehnen sich nach den vermeintlichen Vorteilen der anderen.
Die Beschreibungen von Sannes toter und liebloser Ehe und ihr verzweifeltes Klammern an die eigenen Kinder, schmerzen mich beim Lesen.
Und dann sind da ja auch noch die Eltern. Wie gehen sie mit der Verpflanzung um?
Ute Mank hat mit „Elternhaus“ einen sehr schönen, gut schmökerbaren Roman mit viel Tiefgang geschrieben, der nicht nur für Kleinstadtleser*innen mit Schwestern viel Identifikationspotential bietet. Die wehmütigen Gefühle von verpassten Möglichkeiten und dem Entgleiten der eigenen Vergangenheit ist hier wundervoll eingefangen.
Ich persönlich hätte mir vielleicht einen schärferen feministischen Unterton gewünscht, denn es sind die weiblichen Lebenswege, die Mank in den Mittelpunkt ihres Romans stellt. Und ich könnte auch noch die vielleicht etwas platten metaphorischen Bilder bemängeln, die manchmal gefühlt etwas abgedroschen daher kommen.
Doch eigentlich hat mich das nicht gestört und ich fand in „Elternhaus“ einen gelungenen und unterhaltsamen Roman.
Danke, dass ich schon vorablesen durfte, Vorablesen und dtv Verlag!
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