von Heinz Bachmann
Am 17. Oktober 2023 jährt sich der Tod Ingeborg Bachmanns zum 50. Mal. Zu diesem Anlass veröffentlicht ihr Bruder Heinz zusammen mit dem Piper Verlag diesen kleinen Band „Ingeborg Bachmann, meine Schwester“ mit sehr persönlichen Erinnerungen und Bildern.
Daraus geht hervor, wie eng und liebevoll die Verbindung der drei Bachmann Geschwister Ingeborg, Isolde und Heinz war.
Bachmanns Bruder beschreibt, ausgehend von seinen frühesten Kindheitserinnerungen, wie sich sein Verhältnis zur 13 Jahre älteren Schwester verwandelte. Von distanzierter Bewunderung mit zunehmenden Alter in eine Beziehung auf Augenhöhe.
Es ist gleichzeitig eine Zeitreise in das Österreich in den Ausläufern der Nazizeit und in die 50er, 60er und 70er Jahre.
Heinz Bachmann erzählt von seinen persönlichen Eindrücken, die er von den Männerbekanntschaften seiner Schwester hatte. Er formuliert seine Meinung höflich aber doch erkennbar.
Heinz Bachmann schriebt liebevoll über seine schon damals berühmte Schwester ohne sie zu idealisieren. Es liegt an der respektvollen Natur dieser Geschwisterbeziehung, dass Heinz Bachmann einige dunklere und autodestruktive Fazetten Ingeborg Bachmanns, wie sie beispielsweise die Biografie von Ina Hartwig beschreibt, nur sehr dezent andeutet.
Generell ist Heinz Bachmann ein direkter und schnörkelloser Erzähler, dessen sachlicher Bericht auf mich wohltuend und nüchtern wirkt aber dennoch fesselt.
Gleich im ersten Kapitel geht er nochmals auf den tragischen und vermutlich vermeidbaren Tod Bachmanns ein, der die Schriftstellerin so unerwartet und viel zu früh aus dem Leben riss. Nur Tage zuvor hatte ein Verkehrsunfall dem Ehemann von Ingeborgs Schwester Isolde das Leben genommen und die Familie schwerst erschüttert.
Aus den Zeilen Heinz Bachmanns kann ich heute noch die furchtbare und bodenlose Erschütterung spüren, die diese beiden Todesfälle ausgelöst hat.
Ein Trauma, das bis heute nachhallt.
Mit den Augen eines Bruders
An die emotionale Wucht und die Intensität des Briefwechsels zwischen Bachmann und Frisch, das zum den bewegendsten Büchern dieses Jahres für mich gehörte, kommt das kleine Büchlein von Heinz Bachmann nicht heran. Und das muss es natürlich auch gar nicht. Es viel mehr genau das, was der Titel sagt. Die Erinnerungen eines Bruders an vergangene, gute wie schlechte und auch traumatische Zeiten. Die Erinnerungen an eine Schwester, Schriftstellerin. Und an einen Menschen, sowohl wunderbar und einzigartig, wie auch am Leben und der Liebe verzweifelt.
An Ingeborg Bachmann, die ihre Welt, ihre Zeit und auch mich mit ihrem Leben und ihren Werken beeinflusst und geprägt hat. Und es bis heute tut.
„Unser Leben ohne Ingeborg wird bis heute von ihr und ihrem Schreiben stark beeinflusst. Ihr Schreiben verbindet uns auf immer.“
Vielen lieben Dank, lieber Piper Verlag, für dieses sehr gewünschte Rezensionsexemplar!
P.S.: Im Oktober wird der Film „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ im Kino starten. Er thematisiert das Leben, die Arbeit und die Beziehungen Bachmanns. Ich bin gespannt und möchte ich unbedingt sehen.
Und Du?
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