Ich wollte ja dieses Jahr meinen Kurzgeschichtenkonsum etwas reduzieren. Ich bin bis jetzt damit auch einigermaßen erfolgreich, aber bei dem neuen Erzählband “Leckermäulchen“ von Asja Bakić bin ich dann doch schwach geworden.
Schon ihre erste Sammlung von Erzählungen „Mars“ wurde hier auf Bookstagram und in der Presse so gut besprochen, dass ich unbedingt auch was von der bosnisch-kroatischen Autorin lesen wollte.
Thematisch wird in der Beschreibung ganz viel versprochen, was mich anspricht: dystopische Welten, Genderfluidität, Klimawandel, Zeitreisen, Unterwelten, Außerirdische ….und, äh ja, durchaus auch ganz viel Sex.
Und ich finde diese kleine inhaltliche Zusammenstellung noch untertrieben. Die Geschichten und die Welten, die Bakić in jeder der 11 Erzählungen entwirft sind einzigartig, unglaublich fantasievoll und ziemlich abgefahren. Alles Elemente, die ich in Kurzgeschichten lesen will. Allerdings finde ich die Erzählungen teilweise auch ein bißchen anstrengend, denn Bakić spart nicht an Metabezügen, literarischen Querverweisen und mythologischen Anspielungen.
Definitiv konnte ich da nicht überall mithalten und wurde manchmal regelrecht von der Geschichte mitgeschleift und hinterhergezogen.
Auch wenn ich alle Erzählungen gerne gelesen habe, gefiel mir besonders „1998“, in der Bakić kreativ und fantastisch in Form einer Horrorgeschichte über das Einsetzen der ersten Menstruation einer Teenagerin in einem Zeltlager schreibt.
Female gaze and empowerment
Generell finde ich das viele der Erzählungen ziemlich gruselige Elemente beinhalten. Es ist gerade das Reizvolle an den den Geschichte, dass ich wirklich nie ahnen kann, in welche Richtung mich Geschichte führt. Bakić bedient und verbindet sowohl die Genres Weird Fiction, Horror und Erotik.
Ich mag es, wie feministisch, sexuell empowerend und tabulos viele Geschichten in „Leckermäulchen“ sind, beispielsweise „Die Leiden der jungen Lotte“ – eine Neuschreibung der Leiden des jungen Werther aus weiblicher Sicht.
Für mich eignete sich der Erzählband nicht zum Binge-Reading, da mich die einzelnen Stories jeweils eine gewisse intellektuelle Anstrengungen gekostet haben. Für mich persönlich ist das schon ein kleiner Kritikpunkt, da ich gerne ein fast and heavy consumer bin. Das muss es aber für dich nicht sein.
Wenn du Lust auf sehr ungewöhnliche, feministische und gesellschaftskritische Erzählungen hast, ist Asja Bakić auf jeden Fall ein starker Tipp für dich!
Aus dem Kroatischen von Schriftstellerin und Übersetzerin Alida Bremer.
Vielen lieben Dank an den unabhängigen Verbrecher Verlag für das schöne und gewünschte Rezensionsexemplar. Danke und viel Erfolg an Asja Bakić für die Stories!
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