Ocean  – Gefangen im Blau von Polly Clark

Geschrieben von:

Ocean Polly Clark Rezension

Irgendwie weiß ich gar nicht so recht was ich als mein Fazit zu „Ocean – Gefangen im Blau“ schreiben soll. 

Auf der einen Seite habe ich unzählige Male mit den Augen gerollt und habe wirklich massive Kritikpunkte, auf der anderen Seite konnte ich das Buch auch nicht aus der Hand legen.

Aber die Geschichte und der fehlende Tiefgang von „Ocean – Gefangen im Blau“ unterscheiden sich schon deutlich von denen der deutschen Schriftstellerinnen.

Der Roman spielt nur in der zweiten Hälfte auf dem Wasser, die erste Hälfte spielt in London und beginnt dramatisch: die Protagonistin und Ich-Erzählerin Helen verliert bei einem Bombenanschlag in der U-Bahn ihr ungeborenes Kind. Während der entsetzlichen Momente direkt nach dem Anschlag, half ihr ein Mann namens James, während sie verletzt auf die Rettungskräfte warteten. Nach diesem furchtbaren Ereignis und dem Tod des Kindes ist Helen traumatisiert. Ich würde sagen, sie zeigt Symptome einer PTSD. Sie glaubt, sich in den wenigen Momenten unsterblich in James verliebt zu haben, über den sie nichts weiß und den sie seit dem nie wieder begegnet ist. Ihr Mann und ihr Teenagersohn reagieren weitgehend hilflos auf die Realitätsflucht von Helen.

Ich muss hier gleich meinen größten Kritikpunkt anbringen, denn alle Figuren des Romans, allen voran Helen und ihr Mann Frank, handeln völlig irrational und nicht psychologisch schlüssig. Clark schafft es nicht, mir die Gefühle und Motive ihrer Erzählerin nachvollziehbar zu vermitteln und/oder deren Handlungskonsequenzen schlüssig erscheinen zu lassen.

Der ganze Roman entwickelt sich vollkommen erratisch. Vielleicht ist er deswegen auch spannend? 

weniger Action ist manchmal mehr

Die Handlung ist ebenfalls absolut wild. Stellenweise denke: Ups, habe ich aus Versehen einen Jojo Moyes erwischt?

„Ich war unfähig, mir das Szenario, dass ich James nicht wiedersehen würde, konkret auszumalen. Ich musste ihn wiedersehen. Ein Leben ohne ein Wiedersehen mit James überstieg meine Vorstellungskraft.“

Nur wild könnte ja auch sehr nice sein, aber es wird auch ein bisschen unrealistisch, vor allem später dann auf See. Eine dramatische Verfolgungsjagd mit einer Gruppe Orcas, die das Boot attackieren? Come on!

Die Nebenfiguren der Jugendlichen Sindi und Nicholas sind meiner Meinung nach auch nicht gelungen. 

Psychologisch konnte der Roman mich hier überhaupt nicht überzeugen. Es gibt ein paar nette Motive, wie beispielsweise der mütterlicher Beschützerinstinkt oder auch die Mechanismen einer langjährigen Ehe mit ihren Verletzung, die Clark immer wieder aufgreift. In meinen Augen aber auch nicht tiefgründig oder schlüssig genug.

Somit war der neue Roman von Polly Clark,  nach ihrem „Tiger“, das ich als Hörbuch ziemlich stark und unterhaltsam fand, leider eine ziemliche Enttäuschung für mich. Auch in „Tiger“ zeigte Clark schon eindeutige Tendenzen zur dramatischen Überzeichnung des Plots, die sie sogar in „Ocean – Gefangen im Blau“ noch steigert. 

Wenn dich die Autorin interessiert, empfehle ich dir deswegen lieber das sorgfältig recherchierte „Tiger“, das 2019 auf der Shortlist für den Scottish National Book Award stand.

  • Polly Clark
  • Polly Clark
  • Ocean Polly Clark Klappentext

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Entdecke mehr von Lust auf Literatur | Literatur Blog

Jetzt abonnieren, dann bekommst du meine Buchtipps direkt in dein Email Postfach!