Nach der sexy Essay Sammlung „POWER BOTTOM“ (erschienen beim März Verlag) die mir ziemlich gut gefallen hat, war ich auf den ersten Roman von Tepest gespannt. „POWER BOTTOM“ war in meinen Augen literarisch sehr ansprechend und inhaltlich tabubrechend, Tepest beschäftigt sich in den Essays in verschiedenen Stilformen mit sexuellen Fantasien und queerer Sexualität. In einem dieser Essays hatte dey das Thema „Schreib den Namen deiner Mutter“ bereits autofiktional aufgegriffen: die Mutter – Tochter Beziehung.
Tepests Erzählerin heißt Alex und ist ziemlich lost. Sie ist Schriftstellerin mit mäßigem Erfolg, hadert mit ihrer Geschlechtsindentität und steckt in einer handfesten Lebenskrise.
Aus Mangel an Alternativen nimmt Alex den Schreibauftrag an. Sie will einen Essay über ihre Mutter zu schreiben, damit wenigstens ein bißchen Geld in die Kasse kommt.
Nur…das ist bei Alex komplizierter Beziehung zu ihrer Mutter nicht das einfachste Thema.
Da auch noch ihr Opa Kurt gestorben ist fährt Alex kurzerhand in ihre westdeutsche Heimat zu ihrer Mutter. Und zu den Geistern ihrer Vergangenheit.
Tepest entwirft mit der Beziehung zwischen Alex und ihrer Mutter eine typische Mutter-Tochter Beziehung Tepests (und meiner) Generation. In dieser Boomer Generation unserer Eltern spricht man teilweise wenig über Gefühle. Psychische Probleme wurden gerne weggedrückt oder kleingeredet. Über sexuelle Identität wird nicht gesprochen. Wenn es in der Generation von Alex Eltern queere Menschen gab, wie beispielsweise ihr schwuler Onkel Wolfgang, wird das in der Familie zwar nicht problematisiert, aber auch nicht thematisiert.
Das Schweigen im Walde…
Die Mutter von Alex hat viele eigene Issues aus ihrer schwierigen Kindheit nicht verarbeitet und sie in sich abgekapselt. Die Versuche von Alex mit ihr wirklich in Kontakt zu treten, prallen von ihr ab. Sie kann Alex keine Orientierung und Unterstützung für ihre Struggles bieten.
Kann sie die vielleicht in ihrer neuen Liebesaffäre mit der coolen Lena finden?
Tepest Schreibstil ist sehr locker und trotz der gewichtigen und schweren Themen leicht und sogar humorvoll. Durchbrochen wird die eigentliche Handlung von den Essay Entwürfen von Alex. Hier scheint die literarische Stärke Tepests durch, die sich im eigentlichen Romantext leider öfter hinter der gefühlt zu ausschweifenden Schilderungen unwesentlicher Detail versteckt.
Ich könnte darüber spekulieren, ob Tepest die Essayform, in der dey so stark ist, noch nicht ganz aufgeben wollte. Was aber eigentlich egal ist, denn es ist ein Gewinn für den Roman.
Auch im Plot, der leider fast vollständig bereits im Klappentext vorweg genommen wird, hätte ich mir vielleicht ein wenig mehr Entwicklung gewünscht. Die innere Entwicklung und das emotional Fazit von Alex aus ihrer Zeit mit ihrer Mutter fand ich schön geschrieben und authentisch.
„Schreib den Namen deiner Mutter“ hat mich prima unterhalten und war in seiner lakonischen Leichtigkeit ein eher ungewohntes, aber erfreuliches Leseerlebnis für mich.
Ich bin sehr gespannt, was Tepest als Nächstes schreiben wird.
Vielen Dank an den Piper Verlag für das Rezensionsexemplar! Danke und viel Erfolg für den Roman auch an Evan Tepest.
Korrektur: Oben ist von „Wolfgang“ als einem homosexuellen Onkel die Rede, tatsächlich ist „Wolfgang“ aber ein ehemaliger Lehrer der Erzählerin und nicht der Onkel!
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