Von Norden rollt ein Donner von Markus Thielemann

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Von Norden rollt ein Donner Markus Thielemann

Jannes Kohlmeyer, der Protagonist in Markus Thielemanns Roman „Von Norden rollt ein Donner“, lebt und arbeitet als junger Schäfer von Heidschnucken auf der Lüneburger Heide.

Welche Assoziationen hast du zu diesen Begriffen?

Idyllische Heidelandschaft mit duftendem Erikakraut, Ruhe und Einsamkeit und eine zutiefst befriedigende Arbeit mit Tieren?

Ganz so idyllisch stellt sich das Schäferleben in Thielemanns Roman dann doch nicht dar, wie der drohende Romantitel und das Cover bereits vorausschicken.

Jannes, in seiner Familie bereits Schäfer in der dritten Generation, bewirtschaftet den Hof und die Schafe zusammen mit seiner Mutter und seinem Großvater und hat zusätzlich zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten jetzt auch noch mit der Rückkehr der Wölfe in die Heideregion zu kämpfen. Thielemann beschreibt einen jungen Mann, der für seine Zukunft nicht wirklich viele Optionen wahrnehmen wollte oder konnte.

“Es gibt hier für ihn keine Entscheidung mehr. Solange er lebt, wird er diese Arbeit machen müssen, sonst können sie gleich aufgeben und den Hof verkaufen. Diese Landschaft hat ihm Stricke um die Glieder gelegt, mit neunzehn. Er ist der angebundene Bock, der hier am Rande seiner Weide steht und nicht weiterkann.”

Jannes ist in der Wolfsfrage zwischen den verschiedenen Lagern hin- und hergerissen. Die einen bevorzugen eine moderate Regulierung des politisch gewollten Wolfzuzugs, die anderen fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Sie wollen das Schicksal ihrer Region selbst in die Hand nehmen und die Wolfsfrage in Eigenregie klären. Ein ideologisch aufgeladener Konflikt, der leicht als Kataysator oder Platzhalter für andere politische und gesellschaftliche Themen gesehen werden kann. Es ist kein Zufall dass Thielemann die Haupthandlung 2014 spielen lässt.

Der Riß geht direkt durch Jannes Familie. Während Jannes Vater die Schafsherde mit einem speziellen Wolfshüttehund und Wolfzäunen schützen will, ist für den Großvater die einzige und logische Konsequenz der zügige Abschuss. So wie er es schon damals während der Nazizeit gehandhabt hat.

Nur reaktionäres oder schon rechtes Gedankengut?

Thielemann verarbeitet sehr literarisch den Glauben an eine Bedrohung durch den fremden, angsteinflössenden Wolf als Symbol für andere gegenwärtige und vergangene tiefsitzende Ängste.

Das deutsche Heideidyll blieb unangetastet.

Dieser, wie ich fand stilistisch spröde Roman hatte sich mir auf lange Strecken verweigert. Erst auf den letzten Seiten konnte er mich letztendlich noch packen und mir ein intensives, verwirrendes Gemisch aus Emotionen abringen. Ich kann in meinem Gefühlscluster Wut und Frustration identifizieren. Aber auch viel Traurigkeit und Resignation.

“Was bleibt, ist Ohnmacht. Brennende Schuld, Selbstmitleid, tief verborgen unter seinem Schweigen kreisend. So lässt man nicht einmal ein Tier sterben.”

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