Ich klappe „Wir sitzen im Dickicht und weinen“ nach dem fertig lesen zu und habe das dringende Bedürfnis meine Kinder in den Arm zu nehmen und zu knuddeln und ihnen zu sagen, wie sehr ich sie liebe.
Noch ist das unbeschwert und vorbehaltlos möglich, denn sie sind noch klein.
Werden sie, wenn sie erwachsen sind, mir meine Fehler vorwerfen, die zweifellos zahlreich vorhanden sind?
„Kann es zwischen Eltern und Kindern so etwas wie Gerechtigkeit geben?“
Ich glaube, du und ich kennen die Antwort darauf. Beziehungen zwischen engen Blutsverwandten funktionieren selten nach den Gesetzten der Gerechtigkeit.
Felicitas Prokopetz taucht mit ihrem Roman tief in die komplexen Schichten der zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern ein. Ihre Protagonistin Valerie, die sie in der Ich-Perspektive erzählen lässt, steckt mitten im schwierigen Abnabelungsprozess von ihrem doch sehr behüteten Sohn. Zusätzlich wird ihre Mutter, zu der sie ein schwieriges und belastetes Verhältnis hat sehr krank und braucht sie emotional an ihrer Seite.
Schwierige Familienbeziehungen
Aber warum ist diese Beziehungen zur Mutter, so schwierig, so aufgeladen, so voller nicht ausgesprochenem Schmerz und gleichzeitig so wichtig?
Prokepetz geht zurück zu den Großmüttern von Valerie und wirft einen Blick auf deren Kämpfen und Lebensumstände. Sie mussten sich in einem engen System aus patriarchalen Rollenzuschreibungen und wirtschaftlicher Abhängigkeit behaupten und darum kämpfen, sich nicht darin zu verlieren. In dem generationenübergreifenden Portärt wird deutlich, wie sich der Blick auf Erziehung, Emanzipation und Ehe ändern und für Konflikte zwischen den Generationen sorgen kann.
Familie kann verletzend sein, tröstend, eine Heimat oder ein Trauma. Auf jeden Fall aber immer prägend.
Ich mochte „Wir sitzen im Dickicht und weinen“ von Felicitas Prokopetz sehr, er ist leicht im Stil, aber nicht trivial im Inhalt.
Ein wunderbares und vielversprechendes Debüt!
Vielen lieben Dank an den Eichborn Verlag und Kirchner Kommunikation für das schöne Rezensionsexemplar und natürlich an Felicitas Prokopetz für den Roman!
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